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Landeshauptstadt Stuttgart

Presse

Die Landeshauptstadt Stuttgart vergibt das Hannsmann-Poethen Literaturstipendium

Das erstmalig vergebene Hannsmann-Poethen Literaturstipendium der Landeshauptstadt Stuttgart erhalten in diesem Jahr die Autorin Gerhild Steinbuch und die Komponistin Jagoda Szmytka. Eine Fachjury hat über die Vergabe des spartenübergreifenden Stipendiums an die beiden Künstlerinnen entschieden.

Um das Stipendium hatten sich dreizehn Künstler-Tandems beworben.

Der Fachjury gehörten Uta-Maria Heim (Autorin und Hörspiel-Redakteurin des SWR), Adrienne Braun (Kulturjournalistin und Autorin), Prof. Elisabeth Schweeger (Geschäftsführerin und Direktorin der Hochschule für Darstellende Kunst in Ludwigsburg), Prof. Boris Michalski (Inhaber des Lehrstuhls für narrative Forschung an der Hochschule der Medien in Stuttgart) sowie Andreas Läsker (Musikmanager und Verleger) an.

Förderbetrag und Mietkosten für dreimonatigen Aufenthalt

Das Hannsmann-Poethen Stipendium wird im zweijährigen Turnus an jeweils ein Künstler-Tandem oder eine Künstlergruppe vergeben. Es ist dotiert mit einem Förderbetrag von 15.000 Euro sowie Mietkosten für einen dreimonatigen Aufenthalt in Stuttgart, der nicht zwingend am Stück stattfinden muss.

"Das von der Landeshauptstadt ins Leben gerufene Stipendium ist das deutschlandlandweit erste Tandem-Stipendium, bei dem eine Autorin oder ein Autor mit einer Künstlerin und einem Künstler einer anderen Kunstsparte zusammenarbeitet", erklärt die Kulturamtsleiterin der Stadt, Dr. Birgit Schneider-Bönninger, und betont: "Durch diesen genreübergreifenden Ansatz möchten wir die literarische, aber auch die gesamte kulturelle Szene weiter beleben und für neue, ungewohnte Erfahrungen öffnen."

Herausragendes Projekt

Die Jury bewertete das Projekt als herausragend und begründete die Entscheidung: "Die beiden hochqualifizierten Künstlerinnen Steinbuch und Szmytka befragen überzeugend in ihrer Bearbeitung der 'Geschichte vom Soldaten' den Einsatz der künstlerischen Mittel im neuen Musiktheater, wo die Reibung von Sprache und Musik zudem den Begriff der Gewalt inhaltlich neu kontextualisiert."

Mit diesem brisanten Zugriff sei das Vorhaben hochaktuell und überzeugend. "Das Hannsmann-Poethen Stipendium ermöglicht dem Projekt eine qualitätsvolle Umsetzung, die über Stuttgart hinaus wirken wird", heißt es weiter.

Fragen um den Begriff menschlicher und moderner Gewalt

Mit dem Stipendium realisieren die Autorin Gerhild Steinbuch und die Komponistin Jagoda Szmytka ein gemeinsames Projekt, das sich mit dem Werk "Die Geschichte vom Soldaten" des Komponisten-Schriftsteller-Tandems Igor Strawinsky und Charles Ferdinand Ramuz auseinandersetzt. Gerhild Steinbuch unterzieht den ursprünglichen Text von Ramuz über den Pakt zwischen Mensch und Teufel einer zeitgenössischen Revision, die auch die Geschichte vom Soldaten im einundzwanzigsten Jahrhundert neu denken will.

Die Autorin sucht Antworten auf Fragen rund um den Begriff von menschlicher und moderner Gewalt in einer Zeit, in der visuelle und akustische Medien immer häufiger die Kraft haben, zu den eigentlichen Waffen zu werden. Jagoda Szmytka sucht aktuelle Erklärungen auf diese Fragestellungen in ihrer Musik und entwirft dabei Überschreibungen der historischen Vorlage.

So wie Strawinsky den akustischen Alltag in seine Partitur integriert hat, arbeiten auch Jagoda Szmytka und Gerhild Steinbuch mit dem Einbruch des Realen in die Welt der Kunst und nehmen auf ihre Umgebung Bezug. Die Zeit in Stuttgart wollen sie nutzen, Interviews mit ortsansässigen Initiativen zu führen. Aus der Recherche und den Gesprächen vor Ort soll sich eine gemeinsame Gesamtdramaturgie entwickeln. Die Premiere des Stückes ist im Frühjahr 2017 in Stuttgart geplant.

Gerhild Steinbuch

Gerhild Steinbuch wurde 1983 in Mödling, Österreich, geboren. Sie studierte Szenisches Schreiben in Graz und Dramaturgie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, Berlin.

Von 1994 bis 1998 war Steinbuch Mitglied der Jugendliteraturwerkstatt Graz und einige Male Preisträgerin der zugehörigen Wettbewerbe. 2003 wurde sie mit dem Retzhofer Literaturpreis ausgezeichnet. Im Jahr darauf gewann sie den Stückewettbewerb der Schaubühne Berlin mit "kopftot".

Steinbuch nahm an den Werkstatttagen des Wiener Burgtheaters, der International Residency am Royal Court Theatre, London, und an der Autorenwerkstatt Prosa des Literarischen Colloquiums Berlin teil. 2005 war sie für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert. Die Autorin erhielt zahlreiche Stipendien, unter anderem eines des Schloss Solitude, Stuttgart (2007/2008). In der Spielzeit 2008/09 war sie Hausautorin am Schauspielhaus Wien. Für die Arbeit an ihrem ersten Roman "Berge und Täler mit Männern und Frauen" erhielt sie das Staatsstipendium 2009/2010 des österreichischen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur.

Neben ihrer Arbeit als Autorin und Dramatikerin arbeitet Steinbuch als Übersetzerin und freie Dramaturgin und entwickelt gemeinsam mit dem Autor Jörg Albrecht Lecture-Performances, zuletzt "YouŽre not the same, Batman!" für den Steirischen Herbst 2014. Ihre Stücke sind im Rowohlt Theater Verlag erschienen. Gerhild Steinbuch lebt in Berlin.

Jagoda Szmytka

Jagoda Szmytka wurde 1982 in Legnica, Polen, geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, Philosophie, Musiktheorie und anschließend Komposition in WrocBaw, Graz, Frankfurt am Main und Karlsruhe. Ihre Musik fand internationale Anerkennung und wurde unter anderem beim Warschauer Herbst, dem ECLAT Festival Stuttgart, den Darmstädter Ferienkursen, dem Ultraschall-Festival Berlin, dem Lucerne Festival, Wien Modern, beim Deutschlandfunk Köln, Royaumont Paris, der Akademie der Künste Berlin und der Nationaloper in Warschau gespielt.

Sie erhielt für ihre Musik unter anderem das Staubach Honorarium und den Stipendienpreis der Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik, Stipendien des DAAD und der Kunststiftung Baden Württemberg, sowie Arbeitsstipendien am Herrenhaus Edenkoben, La Muse en Circuit Paris und der Villa Serpentara, Italien.

Jagoda Szmytkas "intertextuelle Musik" ist geschrieben für "Augen, Ohren und Denken" - unter Einbeziehung von mixed-media, trans-media und cross-genre Formaten. Die Kompositionen sind Mixturen von Texten, Bildern und Klängen, welche komplexe Strukturen und Referenzen zu Hoch- und Popkultur, Philosophie und Realität aufbauen.

Szmytka arbeitet regelmäßig als Gastkünstlerin am Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe. 2014 erschien eine Porträt-CD in der "Edition zeitgenössische Musik" des deutschen Musikrats (WERGO). Jagoda Szmytka lebt in Frankfurt am Main.

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