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Landeshauptstadt Stuttgart

Finanzen

Jahresabschluss 2021 und aktuelle Finanzlage besser als prognostiziert – Eintrübung erwartet

Der Jahresabschluss der Landeshauptstadt fällt besser als erwartet aus: Er weist einen Überschuss von 259,6 Millionen Euro, der auf unerwartete Einnahmen zurückzuführen ist.

Die dem Haushaltsjahr zugrundeliegende Prognose sah nur ein Plus von 93 Millionen Euro vor. Die Finanzverwaltung nennt als Gründe Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer und Zuwendungen durch das Land. Der Ausblick zeigt aber, dass auch durch steigende Energiepreise, die bisher unterfinanzierten Ergebnishalte zusätzlich belastet werden. Das geht aus einer Vorlage hervor, die der Gemeinderat am Mittwoch, 27. Juli, zur Kenntnis nahm.

Der Bürgermeister für Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen, Thomas Fuhrmann, sagte: „Der positive Jahresabschluss fußt auf höheren Erträgen bei den Steuern, insbesondere bei der Gewerbesteuer und den Zuweisungen des kommunalen Finanzausgleichs. Die Zukunft scheint weniger rosig: Wir rechnen mit großen Lücken im Haushalt, die bis 2026 zu einer Nettoneuverschuldung von 1,17 Mrd. Euro führen. An dieser Prognose müssen wir trotz der aktuellen Verbesserungen festhalten, gerade auch mit Blick auf eine erwartbare konjunkturelle Eintrübung. Deswegen brauchen wir finanzielle Zurückhaltung und müssen unsere Vorhaben strikt priorisieren.“

Jahresabschluss 2021

Der Jahresabschluss 2021 der Landeshauptstadt Stuttgart konnte mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 259,6 Mio. EUR abgeschlossen werden.
Damit liegt das Gesamtergebnis um +166,5 Mio. EUR über der im Rahmen der Planberatungen getroffenen Prognose von Ende November 2021 (93,1 Mio. EUR).

Unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen (COVID-19 Pandemie) und Dank der nicht in diesem Maße vorhersehbaren Verbesserungen auf der Ertragsseite kann der Jahresabschluss 2021 als gut bewertet werden.

Gründe für die Verbesserungen auf der Ertragsseite sind Mehrerträge bei den Steuern und ähnlichen Abgaben. So hat sich trotz der Pandemie die wirtschaftliche Lage entgegen den ursprünglichen Erwartungen verbessert und viele Firmen haben ihre Gewerbesteuervorauszahlungen heraufgesetzt. Bereits im Finanzzwischenbericht im Juli 2021 hatte die Verwaltung die Gewerbesteuer mit600 Mio. EUR prognostiziert. Die positive Entwicklung setzte sich bis zum Ende des Jahres in einem nicht zu erwartenden Umfang fort, so dass ein Ergebnis von rd. 734 Mio. EUR erreicht werden konnte.

Weitere wesentliche Verbesserungen ergaben sich bei den laufenden Zuwendungen, darunter Schlüsselzuweisungen +107,6 Mio. EUR. Ferner führte die Weiterleitung des ÖPNV-Rettungsschirms vom Land an die SSB AG zu entsprechenden Mehrerträgen.

Den Mehrerträgen stehen aber auch Mehraufwendungen gegenüber. So führen die höheren Gewerbesteuereinzahlungen zu einer höheren Gewerbesteuerumlage in Höhe von -36,4 Mio. EUR. Durch Verbesserungen bei der Steuerkraft 2021 ergeben sich im Jahr 2023 geringere Schlüsselzuweisungen und eine höhere FAG-Umlage als geplant, so dass eine notwendige Zuführung zur FAG-Rückstellung in Höhe von
60,0 Mio. EUR im Jahr 2021 erfolgen musste.

Auf der Aufwandsseite waren im Saldo Verbesserungen von 54,1 Mio. EUR zu verzeichnen. Insbesondere bei den Personal-/Versorgungsaufwendungen in Höhe von +23,8 Mio. EUR, durch verzögerte Stellenbesetzungen, sowie bei den sonstigen ordentlichen Aufwendungen in Höhe von +32,3 Mio. EUR. Das ordentliche Ergebnis beträgt somit 256,4 Mio. EUR.

Der Überschuss beim Sonderergebnis beträgt 3,2 Mio. EUR. Dieser ergibt sich aus außerordentlichen Erträgen in Höhe von 20,0 Mio. EUR (darunter 16,8 Mio. EUR Erträge über Buchwert aus der Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden) sowie außerordentlichen Aufwendungen in Höhe von 16,8 Mio. EUR (darunter 11,4 Mio. EUR außerplanmäßige Abschreibungen auf „Dauerverlustbeteiligungen“, davon Objektgesellschaft Schleyerhalle und Neue Arena 0,7 Mio. EUR, Projektgesellschaft Neue Messe 1,0 Mio. EUR, Eigenbetrieb Stuttgart Bäder 9,7 Mio. EUR). Die Gesamtfinanzrechnung 2021 schließt mit einer positiven Änderung des Finanzierungsmittelbestands in Höhe von 19,5 Mio. EUR ab. Der Zahlungsmittelüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit beträgt
451,4 Mio. EUR.

Dank der positiven Entwicklungen mussten auch im Haushaltsjahr 2021 keine neuen Kredite aufgenommen werden, sodass die Landeshauptstadt Stuttgart im Kernhaushalt weiterhin schuldenfrei ist. Die Schulden der Eigenbetriebe am Kreditmarkt verringerten sich um rund 19,1 Mio. EUR auf 264,2 Mio. EUR (darunter SES 239,4 Mio. EUR und AWS 15,6 Mio. EUR, die über Gebühren refinanziert werden). Der Gesamtschuldenstand je Einwohner beträgt somit 423 EUR (Vorjahr 449 EUR).

Die zum 31.12.2021 ausgewiesene freie Liquidität in Höhe von 73,6 Mio. EUR wird für kurzfristige Finanzierungsbedarfe benötigt. Eine zusätzliche Reservierung von liquiden Mitteln für langfristige Finanzierungsbedarfe ist daher nicht möglich.

Der Finanzbürgermeister weist im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss 2021 auch auf die zu erstellende Schlussbilanz zum 31.12.2021 hin. Demnach beläuft sich die Bilanzsumme auf knapp 11,22 Mrd. EUR und das Kapital (Basiskapital und Rücklagen) auf rd. 9,5 Mrd. EUR. Die Kapitalquote liegt bei 84,2 % (2020: 85,1 %), unter Einbeziehung der Sonderposten (vor allem Investitionszuschüsse und Erschließungsbeiträge) bei 92,9 % (2020: 93,7 %).

Finanzzwischenbericht 2022

Das Haushaltsjahr 2022 steht seit dem Frühjahr im Zeichen der durch den Krieg in der Ukraine ausgelösten Folgen: des Zuzugs von ukrainischen Flüchtlingen sowie der erheblichen Preissteigerungen, insbesondere im Energiesektor.

Insgesamt werden Verbesserungen im Ergebnishaushalt in Höhe von 83,4 Mio. EUR gegenüber der Planung prognostiziert. Hierdurch verringert sich das Defizit im Ordentlichen Ergebnis von - 197,5 Mio. EUR auf voraussichtlich -114,1 Mio. EUR. Das Gesamtergebnis wird mit -107,6 Mio. EUR prognostiziert.

Die zwischenzeitlich eingetretenen Verbesserungen sind erfreulich, jedoch mit Blick auf die zweite Jahreshälfte 2022 mit Risiken behaftet. Insbesondere eine Eintrübung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung könnte gegebenenfalls noch zu einem Rückgang bei den prognostizierten Haupteinnahmen führen. Die Ergebnisse aus der nächsten Steuerschätzung dürften diesbezüglich Aufschluss geben.

Die freie Liquidität zum Jahresende 2022 in Höhe von 170,1 Mio. EUR wird für den für dieses Jahr voraussichtlich notwendigen Nachtragshaushalt sowie für die Finanzierung der zahlreichen bereits begonnenen bzw. geplanten Maßnahmen und Investitionsvorhaben der Landeshauptstadt benötigt.

Zusammenfassende Betrachtung

Der Landeshauptstadt Stuttgart ist es trotz der COVID-19 Pandemie und Dank der Verbesserungen auf der Ertragsseite, insbesondere bei der Gewerbesteuer, gelungen, gut durch das Jahr 2021 zu kommen.

Finanzbürgermeister Fuhrmann machte jedoch deutlich, dass die kommenden Haushaltsjahre weitere Herausforderungen mit sich bringen. So wird in den folgenden Jahren mit unterfinanzierten Ergebnishaushalten und eingeplanten Kreditaufnahmen von 1,29 Mrd. EUR bis 2026 gerechnet. Angesichts der Preisentwicklung –nicht nur im Energiesektor– und weiterer wirtschaftlicher Unwägbarkeiten kann sich die Haushaltslage in den kommenden Jahren entsprechend verschlechtern.

Das Regierungspräsidium Stuttgart hat die Landeshauptstadt im Rahmen der Genehmigung der Haushaltssatzung aufgefordert, künftig Maßnahmen und Aufgaben auf ihre Unabweisbarkeit hin zu prüfen und klare Prioritäten zu setzen.

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