Angesichts der aktuellen finanziellen Lage wird der Doppelhaushalt 2026/2027 ein erster Sparhaushalt sein – der erste seit der letzten großen Haushaltskonsolidierung im Jahr 2009. Mit ein Grund: Der Bund hat in den letzten Jahren zahlreiche Rechtsansprüche beschlossen, die die Kommunen nun erfüllen müssen. Finanziellen Ausgleich gibt der Bund nur begrenzt.
Ziel der Landeshauptstadt ist es, die Einnahmen‐ und Ausgabenseite so aneinander anzugleichen, dass bis zum Doppelhaushaltsplan 2030/2031 wieder ein jährlicher Überschuss von rund 200 Millionen Euro erreicht wird, um zukünftige, wichtige Investitionen tätigen zu können. Gemeinsam mit dem Planentwurf legt die Verwaltung in Abstimmung mit dem Gemeinderat auch die erste Stufe eines Haushaltssicherungskonzepts vor, um die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt zu sichern und im Dezember einen genehmigungsfähigen Haushalt verabschieden zu können. Das Regierungspräsidium hatte im Rahmen der Prüfung des Nachtragshaushalts 2025 deutlich gemacht, dass die bisherige Schuldenentwicklung nicht mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar ist. Künftige Haushalte könnten ohne wirksame Konsolidierung nicht mehr genehmigt werden.
Oberbürgermeister Dr. Frank NopperWir wollen und können keine abrupte Vollbremsung vornehmen, sondern lediglich eine kontrollierte, allerdings für alle stark spürbare Bremsung.
Video-Mitschnitt
Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper sagt weiter: „Diese kontrollierte Bremsung ist – aus Gründen der Generationsgerechtigkeit – verbunden mit dem kurz‐ und mittelfristigen Ziel, die Neuverschuldung so gering wie irgend möglich zu halten. Sie ist verbunden mit dem mittelfristigen Ziel, bis zum Haushaltsjahr 2031 wieder Jahresüberschüsse zu erzielen. Anders formuliert: Der Doppelhaushalt 2026/2027 ist ein Sparhaushalt, aber er ist ein Sparhaushalt mit Maß und Mitte.“
Herausfordernde Haushaltsplanberatungen
Der Nachtragshaushalt für 2025 hatte noch ein Volumen von 5,87 Mrd. EUR. Für das Jahr 2026 sieht der Haushaltsplanentwurf ein Volumen in Höhe von 5,26 Mrd. EUR vor, für das Jahr 2027 sind es 5,38 Mrd. EUR.
Trotz der bereits eingeplanten Verbesserungen aus dem Haushaltssicherungskonzept von rund 300 bzw. rund 330 Mio. EUR weist der vorliegende Haushaltsplanentwurf 2026/2027 noch immer besorgniserregend hohe Fehlbeträge aus: -487,2 Mio. EUR für 2026 und -303,8 Mio. EUR für 2027. Die Beratungen zum Doppelhaushalt werden vor diesem Hintergrund besonders schwierig. In den vergangenen beiden Jahren war es noch möglich gewesen, Defizite durch Überschüsse aus Jahresabschlüssen auszugleichen, solche freien Mittel stehen nun nicht mehr zur Verfügung.
Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann stellt klar: „Auch wenn die Landeshauptstadt Stuttgart im Kernhaushalt aktuell noch schuldenfrei ist, darf sie sich nicht länger in Sicherheit wiegen. Damit der Plan für den nächsten Doppelhaushalt dem Regierungspräsidium zur Genehmigung vorgelegt werden kann, dürfen die Fehlbeträge für die kommenden zwei Jahre nicht anwachsen. Künftig wird es nicht mehr möglich sein, Löcher im Haushalt mit liquiden Mitteln auszugleichen, denn die rechnerisch freie Liquidität der Landeshauptstadt Stuttgart liegt Ende 2025 unter Null. Deshalb müssen während der Haushaltsplanberatungen durch den Gemeinderat zwingend weitere Ergebnisverbesserungen beschlossen werden.“
Geplante Fehlbeträge von 2026 bis 2030
Nach aktueller Planung sehen die ordentlichen Ergebnisse in den Haushalten der nächsten Jahre aus wie folgt:
| 2026 | -487,2 Mio. EUR |
| 2027 | -303,8 Mio. EUR |
| 2028 | -226,3 Mio. EUR |
| 2029 | -284,8 Mio. EUR |
| 2030 | -313,8 Mio. EUR |
Zur Genehmigungsfähigkeit des Planentwurfs sind in den nächsten beiden Jahren Ergebnisverbesserungen von mindestens 300 Mio. EUR für 2026 und 330 Mio. EUR für 2027 zwingend erforderlich. Diese sind bereits im Haushaltsplanentwurf enthalten, müssen überwiegend aber noch mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden.
Finanzbürgermeister Fuhrmann erläutert: „Die Ergebnishaushalte 2026 und 2027 sind strukturell unterfinanziert, da keine ausreichenden Zahlungsmittelüberschüsse zur Finanzierung der neuen Investitionen erwirtschaftet werden können. Die Folgekosten aus bereits beschlossenen Projekten, Maßnahmen und Stellenzuwächsen werden auch künftige Haushalte belasten, was die finanziellen Spielräume der Landeshauptstadt weiter begrenzt. Da in den Ergebnishaushalten nicht ausreichend Zahlungsmittel für die Finanzierung von notwendigen neuen Investitionen erwirtschaftet werden können, sind zum Ausgleich der Finanzhaushalte in den Jahren 2026 bis 2030 Kreditaufnahmen in Höhe von insgesamt 2,4 Mrd. EUR veranschlagt. Um diese Milliardenverschuldung weitestgehend zu verhindern, müssen wir mit höchster Priorität gegensteuern.“
Gründe für die angespannte Finanzlage
Rückgang bei der Gewerbesteuer
Steigende Ausgaben für Sozialleistungen
Risiken bei der künftigen Erstattung von Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen durchs Land
Grundsätzliches Problem: Konnexität
Vor dem Hintergrund der bundesweit dramatischen finanziellen Situation der Kommunen hat die Landeshauptstadt Stuttgart im Sommer ein Gutachten erstellen lassen, um zu klären, wieweit Kommunen einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich haben, wenn sie Vorgaben des Bundes oder Landes vollziehen müssen. Nach dem Gutachten müssen die Kommunen solche Vorgaben umsetzen und dafür notfalls eigene Aufgaben zurückstellen, was den Kern der kommunalen Selbstverwaltung berühren oder verletzen kann.
Notwendige Priorisierung von Investitionen
Angesichts der äußerst angespannten Haushaltslage können nicht alle Projekte umgesetzt werden, die der Gemeinderat bereits beschlossen hat. Künftig sollen Ersatz‐ und Erhaltungsinvestitionen Vorrang haben.
OB Nopper sagt: „In dieser schwierigen und angespannten Lage sollten und müssen wir uns auf das Wesentliche konzentrieren. Auf den Erhalt, die Sanierung und die Modernisierung unserer städtischen Infrastruktur und damit unserer Schulen, Kitas, Brücken, Straßen, Wege und Stäffele. Auf den Erhalt und die Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, vor allem auch auf die Funktionsfähigkeit der bürgernahen Bereiche der Verwaltung. Auf die Durchführung bereits begonnener Projekte, weil ein Stopp von bereits begonnenen Projekten mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden wäre.“
Pflege und Instandhaltung von Gebäuden, Schulen und Straßen
Gezielte Investitionen in Organisation und digitale Transformation
Mehr Sauberkeit in der Innenstadt
Personalplanung mit Fokus auf Pflichtaufgaben
Erster Bürgermeister Dr. Fabian Mayer erklärt: „Wir müssen uns im Lichte der Haushaltslage auf unsere Pflicht‐ und Kernaufgaben konzentrieren. Aktuell gibt es rund 1500 offene Stellen im Bereich der Pflichtaufgaben einer Kommune. Wir werden also weiter einstellen, aber werden das auf unsere Kernaufgaben bezogen tun. Alle Arbeitsplätze bei der Stadt sind jetzt und weiterhin sicher. Wir bleiben eine verlässliche und attraktive Arbeitgeberin mit vielfältigen Vorzügen.“
Neue Einnahmequellen zur Haushaltskonsolidierung
Übernachtungssteuer
Anpassung der Gebühren für das Anwohnerparken
Hundesteuer
Wachsende Belastung durch Pflichtaufgaben
Da Bund und Land den Kommunen zunehmend neue Aufgaben übertragen, oft ohne ausreichende Finanzierung, wird der Handlungsspielraum enger. Diese Entwicklung führt dazu, dass auch die Landeshauptstadt Stuttgart zunehmend durch gesetzliche Pflichtaufgaben gebunden ist, während freiwillige Leistungen in Bereichen wie Kultur, Sport oder Soziales nur eingeschränkt weitergeführt werden können. Der Deutsche Städtetag und kommunale Spitzenverbände mahnen, die Kommunen stünden mit dem Rücken zur Wand, wenn neue Pflichten nicht mit einer Finanzausstattung einhergehen. Um die eigene Handlungsfähigkeit zu sichern, setzt die Landeshauptstadt Stuttgart auf ressortübergreifende Zusammenarbeit, Priorisierung und eine konsequente Haushaltsdisziplin. Gegenüber Land und Bund wird Stuttgart im Zusammenhang mit der Konnexität künftig noch stärker auf eine verlässliche Mitfinanzierung neuer Aufgaben drängen.
Wie geht es weiter?
Die Reden zur Allgemeinen Aussprache der Fraktionen am Donnerstag, 6. November, ab 15 Uhr, und die Eingangsreden zur abschließenden dritten Lesung am Freitag, 19. Dezember, ab 8.30 Uhr, im Großen Sitzungssaal des Stuttgarter Rathauses werden ebenfalls per Livestream übertragen.
Der Doppelhaushalt wird am Abend des 19. Dezember beschlossen und zeitnah auf stuttgart.de veröffentlicht.