In den Jahren 1940 bis 1945 wurde Stuttgart 53 Mal Ziel alliierter Luftangriffe. Die schwersten Zerstörungen erlebte die Stadt 1943 und 1944. Besonders im September 1944 legten massive Bombardierungen weite Teile des Stadtgebiets in Trümmer.
Im Frühjahr 1945 war schließlich ganz Deutschland nach dem Ende des Nationalsozialismus im Ausnahmezustand. Nach Jahren des Krieges, Bombennächten und Angst war das öffentliche Leben weitgehend zum Stillstand gekommen. Der Zweite Weltkrieg hatte in Stuttgart zerstörte Gebäude, beschädigte Straßen und ausgebrannte Fassaden hinterlassen. Vieles war ruiniert oder nicht mehr vorhanden. Zahlreiche Luftangriffe hatten große Teile der Innenstadt und vieler Stadtteile zerstört. So war die Innenstadt ein fünf Millionen Kubikmeter großes Trümmerfeld.
Bilder zeigen Stuttgart von damals und heute
Als französische Truppen am 21. April 1945 kampflos einmarschierten, war der Krieg für die Stuttgarter zwar beendet, doch von Normalität konnte keine Rede sein. Viele Menschen lebten in provisorischen Unterkünften, die Versorgungslage blieb kritisch und das öffentliche Leben war fast vollständig zum Erliegen gekommen. Dennoch war mit dem Ende der Kampfhandlungen auch ein Wendepunkt erreicht. Was folgte, war ein langsamer, mühsamer Wiederaufbau – nicht nur der Gebäude, sondern auch des gesellschaftlichen Lebens. Verwaltung, öffentliche Einrichtungen, Schulen und kulturelle Institutionen mussten neu organisiert werden.
Heute erinnert wenig an die Zerstörung. Die Innenstadt wurde in den Nachkriegsjahrzehnten weitgehend neu gestaltet, viele Gebäude wieder aufgebaut oder durch moderne Bauten ersetzt. Und doch: An manchen Orten begegnen sich Vergangenheit und Gegenwart noch immer. Wer genau hinschaut, kann sie erkennen – die Spuren von 1945 im heutigen Stadtbild. Diese Bildstrecke lädt dazu ein.
Die Stiftskirche
Bei Bombenangriffen im Juli und September 1944 wurde die Stiftskirche massiv beschädigt. Der frühgotische Chor und das spätgotische Langhaus wurden zerstört, Teile der Außenwand und tragende Arkaden stürzten ein. Ein Feuersturm setzte der verbliebenen Bausubstanz weiter zu. Die Türme der Stiftskirche standen noch, waren aber ebenfalls stark beschädigt. Statt eines originalgetreuen Wiederaufbaus entstand in den 1950er Jahren ein schlichter Neubau auf den alten Grundmauern – mit moderner Tonnendecke und vereinfachtem Innenraum. Die spätgotische Raumwirkung ging weitgehend verloren. Spätere Umgestaltungen versuchten, historische Elemente wieder sichtbar zu machen.
Die Königstraße
Der Königsbau wurde bereits im Jahr 1942 errichtet und ist zusammen mit dem Marquardtbau ein Zeugnis der Architektur jener Zeit. Bei den Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg blieben die Formen dieser beiden Gebäude weitgehend erhalten. Besonders die prunkvollen Außenwände aus dem 19. Jahrhundert fielen dem Bombardement zum Opfer. Zahlreiche Gebäude an der Königstraße wurden vollständig zerstört, nur ihre Grundmauern blieben übrig. Nach dem Krieg entbrannte eine lange Debatte über den Wiederaufbau historischer Gebäude. Während einige wie das Neue Schloss rekonstruiert wurden, mussten andere wie das Kronprinzenpalais dem Abriss weichen.
Das Rathaus
In der Nacht vom 25. auf den 26. Juli 1944 wurde das Rathaus weitgehend durch die britischen Luftangriffe der No. 5 Bomber Group zerstört. Der historische Vorgängerbau brannte dabei bis auf die Mauern aus. Lediglich der 68 Meter hohe Turm blieb von Einschlägen verschont. Trotzdem blieb die Turmuhr nachts um 1.50 Uhr stehen. Im Jahr 1950 fand ein Wettbewerb für den Rathausneubau statt. Die Architekten Hans Paul Schmohl und Paul Stohrer waren die Gewinner. Von 1953 bis 1956 entstand das heutige Rathaus. Der neue Marktplatzflügel wurde als bewusstes Bekenntnis zum Internationalen Stil konzipiert. Die Außenwand ist mit Korallenkalkfels von der Schwäbischen Alb verkleidet. Der quadratische Turm mit Sonnen- und Monduhr sowie Glockenspiel wurde auf eine Höhe von 61 Metern reduziert. Besucherinnen und Besucher steigen heute 172 Stufen den Turm empor, bevor sich ihnen ein einmaliger Blick über Stuttgart bietet. Das Rathaus bietet regelmäßig Turmführungen an.
Der Hauptbahnhof
Der Hauptbahnhof Stuttgart wurde bei Luftangriffen mehrfach schwer beschädigt. Insbesondere die am 22. November 1942 abgeworfenen Bomben von 222 britischen Bombern verursachten Zerstörungen, wenn auch von 1940 bis 1942 eine Scheinanlage bei Lauffen am Neckar unter dem Tarnnamen Brasilien viele Angriffe auf sich lenken konnte. Das Bahnhofsgebäude verlor sämtliche Dächer und Teile der Fassade. Die Struktur des Bauwerks blieb größtenteils erhalten und wurde schrittweise ohne wesentliche Veränderungen wieder instand gesetzt. In mehreren Etappen wurde der Bahnhof wiederaufgebaut und steht seit 1987 als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung unter Denkmalschutz.
Der Gedenkberg
Rückblick, Weitblick und Ausblick – das alles gibt es auf dem Birkenkopf. Der Monte Scherbelino, höchster Punkt im inneren Stadtgebiet, ist Monument, Mahnmal und beliebtes Ausflugsziel. Bei schönem Wetter sieht man von dort bis zur Schwäbischen Alb. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf dem Birkenkopf Trümmerschutt aus der schwer beschädigten Stadt aufgehäuft. Der Berg wuchs dadurch um 40 Meter auf 511 Meter. Eine Tafel erinnert daran: „Dieser Berg, nach dem Zweiten Weltkrieg aufgetürmt aus den Trümmern der Stadt, steht den Opfern zum Gedächtnis, den Lebenden zur Mahnung.“