Vier Vorstände waren in dieser Zeit für die SSB tätig: Der Straßenbauingenieur Heinrich Ling musste den massiven Ausbau des Schienennetzes und die neuen Strecken in die Vororte bewältigen. Als wichtiger Fachmann blieb er fast bis zur Rente im Amt, obwohl er kein Parteibuch besaß.
Josef Dobler, Ingenieur für elektrischen Eisenbahnbetrieb, fand in Stuttgart seine Berufung und entwickelte den deutschen Einheitswagen für Straßenbahnen maßgeblich mit, auch wenn der Krieg die Lieferung verhinderte. Doblers Rang als Fachmann war so groß, dass er den Chefposten bei der SSB erhielt, obwohl er von vorneherein als Gegner der Nazis bekannt war.
Der Jurist Walter Schiller sollte nur eine Finanzaffäre bei der SSB in der Inflationszeit aufklären, machte sich aber so unentbehrlich, dass auch er in der NS-Zeit zunächst unbeschadet im Amt blieb. Dennoch mussten Dobler und Schiller 1945 auf Weisung der Besatzungsbehörde ihre Stühle räumen, trotz hervorragender Entlastungszeugnisse, weil die Amerikaner keine Führungskräfte aus der NS-Phase dulden wollten.
Dubios war dagegen Alfred Liersch, den der neue Oberbürgermeister Klett 1945, nichts Böses ahnend, als Chef der SSB für eine sehr kurze „Karriere“ einstellte. Denn Liersch, der Klein-Mafioso und „Dämon mit Visitenkarte“, vermochte selbst den Oberbürgermeister sozusagen „fernzusteuern“.
Zwischen Bewahrung und Bedrohung
„Bewahrung und Bedrohung“ heißt der Untertitel des 3. Bandes. Denn zwischen diesen Polen spielten sich die Versuche der damaligen SSB-Vorstände ab, den Betrieb am Laufen zu halten, Mitarbeiter vor den Einflüssen der Nazis zu schützen und gleichzeitig im Amt zu bleiben, um das Unternehmen nicht fachlich wenig geeigneten Parteibuchkandidaten überlassen zu müssen. Obwohl dieser Spagat gelang und die SSB somit keine NS-Parteimitglieder in der Chefetage hatte, nützte dies den betreffenden Vorständen letztlich wenig. Wer also lesen will, wie sich „die gierigen Schatten politischer Katastrophen in die Instanzen hineinfraßen“, auch wenn die Oberen noch so anständig sein mochten, kann daraus seine Erkenntnisse ziehen.
Recherche und Text für den neuen Band lagen wieder in der Hand der Stuttgarter Historikerin Claudia Lorenz. Redaktion und Bildbeschaffung übernahm die SSB-Pressestelle.