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Landeshauptstadt Stuttgart

Ehrungen

OB Dr. Nopper ehrt Dr. Blume und Dr. Metzger mit Otto-Hirsch-Auszeichnung

OB Dr. Nopper hat Dr. Michael Blume, Beauftragter der baden-württembergischen Landesregierung gegen Antisemitismus, und Dr. Hartmut Metzger, Pfarrer i.R., Kirchenrat a.D. und 28 Jahre lang Leiter der „Fortbildungsstätte Kloster Denkendorf“, bei einem Festakt am 28. Juli mit der Otto-Hirsch-Auszeichnung 2022 geehrt.

Der Evangelische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, Michael Kashi, BMin Fezer, Barbara Traub, Doris Metzger, die Ehefrau von Hartmut Metzger, OB Dr. Nopper, Dr. Michael Blume und Rabbiner Jehoschua Ahrens auf dem Festakt im Stuttgarter Rathaus (v.l.n.r.).

Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper sagte: „Die Otto-Hirsch-Auszeichnung steht für die Verständigung zwischen Christen und Juden. Sie ist ein leidenschaftliches Plädoyer für Versöhnung und Verständigung, für ein friedliches und tolerantes Miteinander und für den interreligiösen Dialog. Und dies ist in Zeiten wie diesen auch ganz besonders wichtig, in Zeiten, in denen Feindseligkeit, Hass und der Ungeist des Antisemitismus leider wieder verstärkt aufflackern. Dem müssen wir uns aus historischer Verantwortung entgegenstellen – egal aus welcher Richtung Hass und Antisemitismus kommen.“

Eine der beiden Auszeichnungen erhielt der Religions- und Politikwissenschaftler sowie Autor Dr. Michael Blume „in Anerkennung seines wirkmächtigen Einsatzes seit vielen Jahren gegen Antisemitismus, Intoleranz und Fanatismus“. Blume handle aus tiefster demokratischer Überzeugung der Notwendigkeit in einer sich aktuell wandelnden Gesellschaft mit wachsenden, teils tradierten, vor allem aber neuen Formen des Antisemitismus gänzlich im Geist von Otto Hirsch, so die Jurybegründung.

Starkes Engagement gegen Antisemitismus

Oberbürgermeister Nopper würdigte Blume: „Dr. Michael Blume hat den Kampf gegen den Antisemitismus und für den interreligiösen Dialog zum Beruf gemacht. Er engagiert sich nicht nur gegen Antisemitismus, er versteht sein Amt auch als ein Wirken für eine Gesellschaft, in der Minderheiten besonderen Schutz genießen sollen. In einer freiheitlichen Gesellschaft darf niemand aufgrund seines religiösen Glaubens, aufgrund seiner Herkunft, seiner politischen Überzeugung, aufgrund äußerer Merkmale diskriminiert oder ausgegrenzt werden.“

Pfarrer Dr. Hartmut Metzger, die zweite 2022 ausgezeichnete Persönlichkeit, wurde für seinen lebenslangen, vorbildlichen Einsatz gegen Antisemitismus geehrt, für seinen Einsatz für ein lebendiges Judentum in der Region Stuttgart wie in Israel sowie für die Ermöglichung interreligiöser Begegnung zwischen Christen und Juden.

OB Nopper sagte: „Pfarrer Dr. Hartmut Metzger hat sich ein Leben lang gegen den Antisemitismus engagiert. Als Angehöriger des Jahrgangs 1931 erlebte er als ganz junger Mensch die Zeit des Nationalsozialismus. Später fand er unter dem Eindruck der in dieser Zeit verübten Verbrechen seine Lebensaufgabe darin, alten und neu aufkeimenden Antisemitismus zu bekämpfen, Irrwege der christlichen Kirchen zu thematisieren, Schuld zu bereuen, neue Brücken zu den jüdischen Mitbürgern aufzubauen, ein neues Miteinander zu ermöglichen.“

Landesbischof hält Grußwort

Ein aktueller Film über ein Gespräch mit Dr. Metzger als Videogruß und ein Essay aus seiner Feder, den alle Teilnehmenden auf seinen Wunsch hin erhielten, ließen den Preisträger, der von seiner Ehefrau Doris Metzger vertreten wurde, persönlich präsent erscheinen.

Ein Grußwort sprach der vor wenigen Tagen neu ins Amt eingeführte Landesbischof der Württembergischen Landeskirche, Ernst-Wilhelm Gohl.

Bürgermeisterin Isabel Fezer in ihrer Funktion als evangelische Vorsitzende und Sprecherin der GCJZ und Professorin Barbara Traub, Vorstandsprecherin der IRGW, würdigten die Otto-Hirsch-Preisträger des Jahres 2022. Die Laudatio für Dr. Michael Blume hielt Rabbiner Dr. Jehoschua Ahrens. Die Laudatio auf Pfarrer i.R. Dr. Hartmut Metzger sprach Michael Kashi, Vorstandsmitglied der IRGW.

Die Band Rahî aus Stuttgart konnte wegen einer Corona-Erkrankung nicht wie geplant vor Ort sein und hatte einen musikalischen Beitrag per Video geschickt. Für Live-Musik sorgte Moni Ramoni mit dem Saxophon.

Über die Otto-Hirsch-Preisträger 2022

Dr. Michael Blume ist Beauftragter der baden-württembergischen Landesregierung gegen Antisemitismus. Er forscht, lehrt und veröffentlicht zu Fragen des christlich-islamischen Dialogs in Deutschland, zum Zusammenhang von Religion und Demografie sowie zur Entwicklung der Neurotheologie, ein noch junges Forschungsgebiet, das versucht, religiöse Empfindungen, Erscheinungen oder Glaubensgefühle neurophysiologisch zu erklären. Dr. Blume ist 1976 in Filderstadt geboren, verheiratet und hat drei Kinder.

Pfarrer Dr. Hartmut Metzger, geboren 1931, hat mit wachsender Erkenntnis über die nationalsozialistischen Verbrechen und das Versagen der christlichen Kirchen seine Lebensaufgabe darin gefunden, alten und neuen Antisemitismus zu bekämpfen, vor allem die jahrhundertealten Irrwege der christlichen Kirchen zu erkennen, Schuld zu bereuen und neue Wege der Begegnung, des gegenseitigen Kennenlernens und Miteinanders zu suchen. Von der Gründung des Staates Israel an nahm er Anteil an dessen Entwicklung und besonders am Schicksal der deutschen Juden, die noch nach Israel auswandern konnten.

1968 wurde Hartmut Metzger mit dem Aufbau und der Leitung der Fortbildungsstätte Kloster Denkendorf der Evangelischen Landeskirche betraut. In der Atmosphäre des ehemaligen Klosters konnte er das in Angriff nehmen, was zu seinem Lebenswerk wurde: eine Stätte schaffen, in der Juden und Christen einander begegnen, mit- und voneinander lernen und ein neues Verhältnis zueinander gewinnen können. Das Kloster Denkendorf war bis 2009 die Fortbildungsstätte für kirchliche Mitarbeiter aus den Gemeinden der württembergischen Landeskirche.

Über die Otto-Hirsch-Auszeichnung

Die Otto-Hirsch-Auszeichnung wird jährlich gemeinsam von der Stadt Stuttgart, der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) Stuttgart verliehen.

Mit der Otto-Hirsch-Auszeichnung werden Persönlichkeiten, Gruppen oder Initiativen geehrt, die sich in besonderer Weise um die interreligiöse Zusammenarbeit vor allem zwischen Christen und Juden verdient gemacht haben. Stadt Stuttgart, Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) und Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) verliehen die Auszeichnung von 1985 bis 2012 in Form einer Medaille. Seit 2013 erhalten die Geehrten eine von der Künstlerin Christine Braun gestaltete Skulptur aus transluzentem Beton, durchzogen von optischen Fasern. Sie nehmen bestehende Lichtquellen auf und leiten sie durch den Beton. Die Form ist offengehalten, kann als Grundstein oder Mauerelement gesehen werden, als Schrifttafel, Buch, Rosetta-Stein oder Teilstück eines gemeinsamen Hauses.

Weitere Informationen und bisherige Preisträger und Preisträgerinnen sind zu finden unter  www.stuttgart.de/otto-hirsch-auszeichnung.

Über Otto Hirsch

Otto Hirsch kam am 9. Januar 1885 in Stuttgart zur Welt. Er besuchte das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium und studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg, Leipzig, Berlin und Tübingen. Nach seiner Promotion 1912 begann er seine Tätigkeit bei der Stadt Stuttgart. Als Ministerialrat im württembergischen Innenministerium war er 1921 Mitbegründer der Neckar-Aktiengesellschaft, wurde jedoch 1933 von den Nationalsozialisten aufgrund seines jüdischen Glaubens entlassen. Bereits 1926 gründete er mit seinem Freund Leopold Marx das Jüdische Lehrhaus Stuttgart und wurde 1930 Präsident des Oberrats der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs. Als Geschäftsführender Vorsitzender der Reichsvertretung der Deutschen Juden (1933-1941) setzte er sich unter schwierigsten Bedingungen für die verfolgten Juden ein. Mit seiner Hilfe konnten zehntausende Juden nach 1933 durch Auswanderung gerettet werden. Otto Hirsch wurde im Februar 1941 zum dritten Mal verhaftet und am 19. Juni 1941 im Konzentrationslager Mauthausen ermordet.

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