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Landeshauptstadt Stuttgart

Verwaltung

Ordnungswidrigkeiten und Bußgeldverfahren: Begriffserklärungen von A bis E

Akteneinsicht

§ 49 OWiG gibt dem Betroffenen die Möglichkeit, Einsicht in die Ermittlungsakte zu erhalten.

Für die Akteneinsicht wird nach § 107 Absatz 5 OWiG eine pauschale Gebühr in Höhe von 12 EUR erhoben.
  
Sofern ein Verteidiger am Verfahren beteiligt ist, steht ihm das Recht der Akteneinsicht nach § 147 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG zu.

Aktenzeichen

Jeder Vorgang wird unter einem eigenen 12-stelligen Aktenzeichen geführt (505.XX.XXXXXX.X). Die Angabe des Aktenzeichens ist für das einfache und sichere Auffinden des Einzelfalles unabdingbar notwendig. Auch können Zahlungen nur unter Angabe des Aktenzeichens mit Schuld befreiender Wirkung geleistet werden.

Anhörung (rechtliches Gehör)

Die Anhörung ist gesetzlich vorgeschrieben, um dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich zum Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit zu äußern und ggf. entlastende Tatsachen vorzubringen. Die Anhörung beinhaltet Angaben zur begangenen Ordnungswidrigkeit, die persönlichen Daten des Betroffenen und den Hinweis, dass es dem Betroffenen freisteht, sich zum Sachverhalt zu äußern. Er muss jedoch Angaben zu seiner Person machen. Ein Verstoß hiergegen bzw. eine Angabe falscher Personalien kann nach § 111 OWiG mit einer Geldbuße bis zu 1.000 EUR geahndet werden.  
Die Anhörung kann bereits mündlich vor Ort oder schriftlich erfolgen. Sollte sie bereits mündlich vor Ort erfolgt sein, z. B. beim Anhalten wegen Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes oder bei Geschwindigkeitsmessungen mit Lasergeräten, wird nicht noch einmal schriftlich angehört. In diesen Fällen wird sofort der Bußgeldbescheid erlassen und zugestellt. Einwendungen können dann im Rahmen des Einspruchsverfahrens geltend gemacht werden (siehe "Einspruch").
 
Sollte die Anhörung ausnahmsweise nicht vor Erlass eines Bußgeldbescheides erfolgt sein, hat dies keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Der Betroffene erhält dann im Einspruchs- bzw. im gerichtlichen Verfahren rechtliches Gehör und kann sich auch dann noch zum Vorwurf äußern.

Die erste Anhörung unterbricht die "Verjährung". Sofern die Anhörung schriftlich erfolgt, ist das Datum für deren Anordnung, nicht deren Zugang maßgeblich. Sollte die Anhörung den Adressaten aus welchen Gründen auch immer nicht erreichen, ist dies nach ständiger Rechtsprechung für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ohne Belang.

Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Zulässiger Rechtsbehelf gegen einen Bußgeldbescheid ist der "Einspruch".
Gegen andere Entscheidungen der Verwaltungsbehörde (Bußgeldstelle) kann binnen zweier Wochen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden, z.B. gegen einen "Kostenbescheid", gegen die Verwerfung des Einspruchs (z.B. wegen Überschreitung der Rechtsmittelfrist), gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

In anderen Fällen ist auch ein unbefristeter Antrag auf gerichtliche Entscheidung möglich.

Anzeige

Die Bußgeldstelle erhält Kenntnis von Ordnungswidrigkeiten vornehmlich durch Anzeigen der Polizei, der Städtischen Verkehrsüberwachung und dem Städtischen Vollzugsdienst (Feldschutz). In Einzelfällen werden bei präzisen Angaben zum Tatgeschehen, ggf. mit fotografischer Dokumentation, auch Anzeigen von Privatpersonen (privatanzeigenstuttgartde) entgegengenommen und verfolgt. Grundsätzlich aber bleibt die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten den staatlichen Organen vorbehalten, damit u.a. die im Einzelfall notwendige Rechts- und Sachkunde und die gebotene Neutralität gewährleistet sind.

Auskünfte zu aktuellen Verfahren

Die Erteilung von Auskünften und sowie die Entgegennahme von Erklärungen sind grundsätzlich nicht auf telefonischem Wege möglich. Aus zwingenden rechtlichen, auch datenschutzrechtlichen Gründen ist nicht zuletzt im Interesse der Betroffenen (z.B. Fristenwahrung) die Schriftform erforderlich. Dies gilt insbesondere für die Einlegung von "Rechtsbehelfen". Ein Rechtsbehelf kann nicht mit einfacher E-Mail eingelegt werden.

Bußgeldbescheid

Der Bußgeldbescheid ist die Entscheidung der Verwaltungsbehörde, mit dem eine vorwerfbare Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Verstöße, für deren Ahndung im Regelfall eine Geldbuße von mindestens 60,00 EUR in Betracht kommt, können nur mit einem Bußgeldbescheid geahndet werden. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten (Regelsatz bis 55,00 EUR) kann auch eine "Verwarnung" ausgesprochen werden.

Im Bußgeldbescheid wird immer eine Geldbuße, unter Umständen auch eine Nebenfolge (z.B. "Fahrverbot") und ggf. Punkteeintragungen zur Mitteilung an das Fahreignungsregister festgesetzt.

Gegen den Bußgeldbescheid kann binnen 2 Wochen nach Zustellung "Einspruch" erhoben werden. Der Einspruch ist nur zulässig, wenn er vor Ablauf dieser Frist der Verwaltungsbehörde zugeht. Der Einspruch bedarf der Schriftform. Ein Einspruch per Email ist nicht möglich.

Rechtskräftige Bußgeldentscheidungen in Verkehrsangelegenheiten werden bei verkehrssicherheitsbeeinträchtigenden bzw. besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigenden und gleichgestellten Ordnungswidrigkeiten dem Fahreignungsregister   ("Verkehrssünderkartei") beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg mitgeteilt. Dort werden die Entscheidungen auch mit Punkten bewertet. Hinweise zum Punktesystem finden Sie auf der Homepage des  Kraftfahrt-Bundesamts (Öffnet in einem neuen Tab).

Bußgeldkatalog

siehe "Geldbuße"

Einspruch

Gegen einen Bußgeldbescheid ist das Rechtsmittel des Einspruchs zulässig (§ 67 OWiG). Der Einspruch kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides (das Datum der Zustellung wird auf der Zustellungsurkunde sowie auf dem Briefumschlag vermerkt) schriftlich oder zur Niederschrift bei der Bußgeldstelle eingelegt werden. Maßgeblich für die Einhaltung der Frist ist der Eingang bei der Stadtverwaltung (Eingangsstempel).

Einsprüche per E-Mail werden durch das Amtsgericht Stuttgart nicht anerkannt, da  dies nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form des § 67 OWiG entspricht. Es besteht die Möglichkeit, den Einspruch per Post, per Fax oder über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (derzeit nur für Rechtsanwälte) an die Bußgeldstelle zu übersenden.

Einspruchsberechtigt sind der Betroffene selbst, sein Verteidiger, der gesetzliche Vertreter (bei Minderjährigen), der amtlich bestellte Betreuer sowie eine sonstige, schriftlich bevollmächtigte Person.

Es empfiehlt sich, den Einspruch zu begründen. Damit wird die Bußgeldstelle in die Lage versetzt, den gesamten Sachverhalt neu zu bewerten und ggf. eine neue Entscheidung zu treffen. Der Einspruch kann sich auch gegen einzelne Punkte, z. B. die Höhe der Geldbuße oder ein angeordnetes Fahrverbot richten.

Nach Eingang eines Einspruchs wird die Sach- und Rechtslage, ggf. durch Nachermittlungen beim Anzeigeerstatter oder bei Zeugen, nochmals überprüft. Ergeben sich hierbei neue Erkenntnisse, so kann das Verfahren eingestellt oder ein neuer Bußgeldbescheid erlassen werden. Im letzteren Fall ist aber nicht nur eine Verminderung der Geldbuße (entlastende Erkenntnisse), sondern auch eine Erhöhung möglich (zusätzliche belastende Erkenntnisse).

Gegen einen neu erlassenen Bußgeldbescheid besteht wiederum die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einzulegen.

Kann die Bußgeldstelle dem Einspruch letztlich nicht abhelfen und somit den Bußgeldbescheid nicht zurücknehmen, weil sie weiterhin von dessen Richtigkeit überzeugt ist, gibt sie das Verfahren über die Staatsanwaltschaft an das Amtsgericht Stuttgart ab, wo entweder im Beschlussverfahren (abschließend), oder im Rahmen einer öffentlichen Hauptverhandlung, bei der alle Tatumstände mündlich erörtert und evtl. Zeugen gehört werden, entschieden wird.
Über die Weiterleitung des Einspruchs an die Staatsanwaltschaft wird der Betroffene informiert. Vor der Abgabe des Verfahrens ist eine Rücknahme des Einspruchs gegenüber der Bußgeldstelle jederzeit möglich. Nach  der Abgabe ist hierfür wie für das Verfahren insgesamt die Staatsanwaltschaft bzw. das Amtsgericht  aus schließlich zuständig.

Einspruchsfrist

Der Einspruch ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides einzulegen (Näheres vorstehend unter "Einspruch"). Beispiel: Findet die Zustellung am Donnerstag, den 6. September 2012, statt, endet die Einspruchsfrist mit Ablauf des entsprechenden Kalendertages (Donnerstag) der zweitnachfolgenden Woche, also dem 20. September. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so läuft die Einspruchsfrist erst mit dem Ende des nächsten Werktages ab.

Einspruchsrücknahme

Mit der Einspruchsrücknahme wird der Bußgeldbescheid rechtskräftig und vollstreckbar. Ist das Verfahren noch bei der Bußgeldstelle anhängig, kann die Einspruchsrücknahme ihr gegenüber erklärt werden. Befinden sich die Akten bereits beim Amtsgericht, muss die Einspruchsrücknahme dem Amtsgericht mitgeteilt werden. Danach werden die Akten mit vermerkter Rechtskraft zurück an die Bußgeldstelle gegeben.

Elektronisches Dokumentenmanagement

Bei der Bußgeldstelle werden seit 2009 die anfallenden Akten nur noch in elektronischer Form geführt. Hierzu müssen mit stark zunehmender Tendenz täglich rund 1500 eingehende Dokumente mit zusammen 5000 bis 6000 Einzelseiten mit zwei Hochleistungsscannern verarbeitet und dem konkreten Fall (nach Aktenzeichen) zugeordnet werden. Die jeweiligen Papierdokumente werden nach Ablauf von Mindestaufbewahrungsfristen datenschutzgerecht vernichtet.

Derzeit werden soweit möglich Aktenübersendungen an Verteidiger elektronisch über das Behördenpostfach versandt. Aktenvorlagen an die Staatsanwaltschaft bzw. an das Amtsgericht Stuttgart müssen noch ausgedruckt und auf dem Postweg versandt werden. Angestrebt aber wird der vollständige Einstieg in den elektronischen Rechtsverkehr, sobald die rechtlichen und technischen Voraussetzungen hierfür bei allen beteiligten Stellen vorliegen. Die Kommunikation zwischen beteiligten Bürgern, der Verwaltung und Justiz untereinander und der Aktenverkehr wird dann im Idealfall ausschließlich elektronisch stattfinden.

E-Mail-Verkehr

Schriftliche Einlassungen, die Übersendung  von Bildern und Tabellen oder sonstigen Dokumenten können in elektronischer Form nur in den Dateiformaten pdf., tif., tiff., png., jpg. oder jpeg. übermittelt werden. Andere Dateiformate sind nicht zugelassen und werden durch das EDV-System abgewiesen. Der Absender erhält hierüber keine Nachricht. Der Einspruch per E-Mail ist nicht möglich.

Ermessen

Ordnungswidrigkeiten werden nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der personellen Ressourcen verfolgt. Wenn eine Ahndung nicht geboten ist, kann ein Verfahren eingestellt werden.

Im Bereich des Straßenverkehrs ist das Ermessen der Behörden bei der  Bemessung von Verwarnungen, Geldbußen und Fahrverboten durch die Bußgeldkatalogverordnung und den bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten einschränkt. Die Behörden müssen sich im Regelfall an den im Katalog bestimmten Vorgaben orientieren, um eine bundesweit möglichst einheitliche Anwendung zu gewährleisten.

Service-Telefon

Sie haben Fragen? Rufen Sie uns an: aus jedem Netz, ohne Vorwahl. Behördennummer 115: Mo bis Fr, 8.00 bis 18.00 Uhr. Sie erreichen die Behördennummer 115 in der Regel zum Festnetztarif und damit kostenlos über Flatrates. Gebärdentelefon: Mo bis Fr, 8.00 bis 18.00 Uhr.

Erläuterungen und Hinweise