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Landeshauptstadt Stuttgart

Presse

"Stuttgart weiter weltoffen und engagiert" - Bürgermeister Wölfle stellt aktuellen Flüchtlingsbericht vor

In Stuttgart lebten Ende August 8.117 Flüchtlinge. Das sind fast doppelt so viele wie 2015. Ab September 2016 gehen die aktuellen Prognosen von einer Zuweisung von 150 Flüchtlingen und von 150 Auszügen im Monat aus. Dies geht aus dem 36. Flüchtlingsbericht hervor, den der Bürgermeister für Soziales und gesellschaftliche Integration, Werner Wölfle, am Montag, 17.Oktober, im Sozial- und Gesundheitsausschuss vorgestellt hat.

Bürgermeister Wölfle: "Gerade in schwierigsten Zeiten hat sich die Landeshauptstadt Stuttgart als weltoffene und engagierte Stadt bewiesen. So konnten wir die Flüchtlingsaufnahme und -unterbringung im vergangen Jahr erfolgreich meistern."

Im Jahr 2015 hat Baden-Württemberg insgesamt 185.000 Menschen aufgenommen, von denen knapp 98.000 einen Asylantrag gestellt haben, die anderen Menschen sind auf andere Bundesländer weiterverteilt worden, weitergereist oder konnten erst später einen Asylantrag stellen. Für das Kalenderjahr 2016 wird von einem landesweiten Jahreszugang von 50.000 Erst- und Folgeantragstellern ausgegangen.

Stuttgart muss 6,47 Prozent der im Land aufzunehmenden Flüchtlinge unterbringen. Demnach sind in Stuttgart im Jahr 2015 5.455 Flüchtlinge aufgenommen worden, allein im November 1.200 Flüchtlinge.

Mehrzahl der Flüchtlinge kommt aus Syrien

Syrien (2.853), Irak (1.341) und Afghanistan (1.138) sind die in Stuttgart mit Abstand am meisten vertretenen Herkunftsländer (Stand Juni 2016). Danach folgen Nigeria (267) und Kosovo (255).

Ende 2015 lag der Anteil der Personen in Familien bei 67 Prozent, 33 Prozent der Flüchtlinge waren alleinstehend. Bei gleichbleibender Verteilung ergäbe dies für das Jahr 2016 5.438 Personen in Familien und 2.679 alleinstehende Personen. Mit
32 Prozent waren Ende 2015 etwa gleich viele Flüchtlinge im Vergleich zum Vorjahr unter 18 Jahre. Bei gleichbleibender Verteilung wären das Ende 2016
2.597 Personen.

Eine große Herausforderung stellte 2015 die hohe Anzahl an Neuzugängen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UMF) dar: Für 1.052 UMF musste die Stadt innerhalb kürzester Zeit zusätzliche Räume finden und Fachpersonal für die Begleitung der Kinder und Jugendlichen einstellen. Zum Jahresanfang 2016 nahmen die Zugänge der UMF ab. So wurden bis September 284 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Obhut genommen. Durch den deutlichen Rückgang werden nun die Unterbringungsprovisorien aufgelöst und an einem Standort zusammengelegt.

Insgesamt stehen für die vorläufige Inobhutnahme und die Anschluss-Inobhutnahme 115 Plätze zur Verfügung, 40 davon auf dem Gelände des ehemaligen Bürgerhospitals. Die Flüchtlinge bleiben je nach individuellem Fall zwischen zwei Wochen und drei Monaten in der Inobhutnahme. Die 115 Plätze haben also einen ständigen Wechsel.

Mehr als jeder Vierte dieser Minderjährigen kommt aus der Region Pakistan / Afghanistan. Etwa zu gleichen Teilen folgen danach die Herkunftsgebiete Nordafrika (19 %), Palästina / Irak / Syrien (17 %), 18 % östliches Afrika. Das südliche und westliche Afrika spielt eine untergeordnete Rolle (Stand Juni 2016).

Stadt hat Zahl der Unterkünfte verdoppelt

Die Flüchtlinge sind in Stuttgart in 129 Unterkünften in 20 Stadtbezirken untergebracht (Stand August 2016). Der Stadt hat mit den Investitionen im vorherigen Jahr die Zahl Unterkünften fast verdoppelt. Die Unterbringung erfolgt durch Anmietung von Objekten oder in Systembauten. Die Stadt hat dafür im vergangenen Jahr rund 25 Mio. Euro investiert, für das laufende Jahr sind 57 Mio. Euro veranschlagt. Ein Großteil davon wird durch Erträge aufgefangen. Dennoch verzeichnet die Stadt für 2015 einen "Nettoressourcenbedarf" von 13 Mio. Euro (2015) bzw. 12,4 Mio. Euro (2016).

Für den Betrieb neuer Flüchtlingsunterkünfte, soziale Leistungen und höhere Betreuungsbedarfe hat die Stadt 2015 knapp 56,4 Mio. Euro gesamt aufgewendet. Dem gegenüber stehen Gesamterträge von rund 26,6 Mio. Euro, darunter Mehreinnahmen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) und Benutzungsgebühren. Die notwendigen neuen Flüchtlingsunterkünfte bzw. die sozialen Leistungen und die höheren Betreuungsbedarfe sorgen für steigende Aufwendungen. Daraus ergibt sich ein Defizit von rund 29,8 Mio. Euro

Die Verwaltung konzentriert sich jetzt darauf, die vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart beschlossenen Systembauten-Programme umzusetzen sowie für anerkannte Asylbewerber geeigneten Wohnraum in der Anschlussunterbringung zu finden und die Menschen in das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt zu integrieren. Hierzu stellt der Erwerb der Sprache den Schlüssel zur gesellschaftlichen Integration und zum Aufbau einer Zukunft in der neuen Heimat dar.

Engagement der Stuttgarter weiter gestiegen

Nach wie vor engagiert sich eine Vielzahl der Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich in der Flüchtlingsbetreuung. Aus den 27 Flüchtlingsfreundeskreisen im Sommer 2014 sind mit dem Entstehen neuer Systembauten mehr als 41 geworden. Bürgerinnen und Bürger engagieren sich aber auch in Gruppen Initiativen, Projekten und Vereinen, Institutionen, Stiftungen und Unternehmen bringen sich ein. Insgesamt sind inzwischen rund 3.500 Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich tätig, das sind viermal so viele wie im Vorjahr. "Verwaltung und Bürger schaffen so einen Mehrwert für die ganze Stadt. Darauf sind wir stolz. Stuttgart steht im Sinne einer aufrichtigen Willkommenskultur für einen selbstverständlichen und freundlichen Umgang mit neu Zugezogenen", so Wölfle.

Integration der Flüchtlingskinder in Kitas und Vorbereitungsklassen

Auswertungen zeigen, dass 13 Prozent der Bewohner in den neu eröffneten Flüchtlingsunterkünften zwischen 0 und sechs Jahre alt sind. Um diese schnell zu integrieren, hat das Jugendamt das Ziel, vor allem die Drei- bis Sechsjährigen in Stuttgarter Kindertageseinrichtungen unterzubringen. Schulpflichtige Flüchtlingskinder werden wie andere aus dem Ausland zugezogene Kinder behandelt. Als Folge der Prognosen wurde die Anzahl der Vorbereitungsklassen im Vergleich zum Schuljahr 2014/2015 von 72 auf 100 gesteigert (Schuljahr 2015/2016). Die rechtzeitige Planung der zusätzlichen Vorbereitungsklassen war durch den guten Informationsaustausch zwischen Sozialamt, Schulverwaltungsamt und Staatlichem Schulamt möglich.

Der Anteil von Flüchtlingskindern an den 100 Vorbereitungsklassen (VK) in die Primarstufe oder Sekundarstufe I liegt bei rund 65 Prozent und damit deutlich höher als in den vergangenen Schuljahren.

Erfolgreiches Rückkehrmanagement

Positiv erwähnt der Bericht die Arbeit des Rückkehrprojekts "Zweite Chance Heimat". Das humanitäre Rückkehrmanagement des Projekts umfasste neben der Beratung in Rückkehrfragen, vor allem die Beschaffung von Reisedokumenten, die Organisation der Ausreise sowie die Vermittlung von Maßnahmen zur Wiedereingliederung.
Insgesamt unterstützte das Projekt zwischen April2015 und März2016 538 Menschen bei der Rückkehr in das Heimatland. Grundsätzlich war die Bereitschaft zur Ausreise bei der am meisten vertretenen Gruppe der Westbalkanflüchtlinge hoch. Nur selten wurde versucht, die Ausreise durch Vorlage eines ärztlichen Attests hinauszuzögern. 525 Angehörige der Zielgruppe erhielten Rückkehrhilfen in Höhe von 78.000 Euro, die aus Mitteln der EU, des Landes Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart finanziert wurden.

36. Stuttgarter Flüchtlingsbericht, Oktober 2016

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