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Landeshauptstadt Stuttgart

Presse

Bürgermeister Dr. Mayer hat Gedenktafel für Karl Heinrich Ulrichs enthüllt

Der Bürgermeister für Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht, Dr. Fabian Mayer, hat am Mittwoch, 11. Juli, auf dem Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz, Ecke Filder-/Lehenstraße, Stuttgart-Süd, die Gedenktafel für Karl Heinrich Ulrichs enthüllt. Das Grußwort sprach Christoph Michl, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Christopher Street Day (CSD).

Karl Heinrich Ulrichs war der erste bekannte Vorkämpfer für die Gleichstellung von homosexuellen Menschen. Mit der Enthüllung der Gedenktafel soll seine Person besonders hervorgehoben und ein Zeichen gesetzt werden für Vielfalt und Respekt in einem weltoffenen Stuttgart. Die Gedenktafel soll zudem das Engagement von Menschen würdigen, die sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgender, Intersexuellen und Queer einsetzen.

Ulrichs lebte von 1870 bis 1880 in Stuttgart. Zunächst wohnte er in der Lindenstraße, die heute Kienestraße heißt, anschließend in der Silberburgstraße 102. Der Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz wurde 2015 nach ihm benannt und erinnert an ihn.


Der Arbeitskreis Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und Queer (LSBTTIQ) hatte den Wunsch, eine Gedenktafel in Form einer Stele für Karl Heinrich Ulrichs auf dem Platz zu errichten. Der Arbeitskreis will damit das besondere Wirken dieses Mannes hervorheben und die Menschen, die sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgender, Intersexuellen und Queer einsetzen, öffentlich und sichtbar würdigen. Die Stadt Stuttgart ist eine Stadt der Vielfalt. Diese Vielfalt kann und darf man hier leben.

Den Lebenslauf Karl Heinrich Ulrichs prägte seine Liebe zu einem Mann in einer Zeit anderer Moralvorstellungen. Ulrichs wurde am 28. August 1825 in Westerfeld in Ostfriesland geboren. Nach dem Studium von Theologie, Jurisprudenz und Geschichte war er als Gerichtsassessor in Hildesheim tätig. Dort wurde 1854 ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet, weil Gerüchte aufkamen, dass er "widernatürliche Wollust mit anderen Männern treibe".

Homosexualität selbst war im Königreich Hannover damals zwar nicht unter Strafe gestellt, allerdings aber die damit verbundenen "öffentlichen Ärgernisse". Karl Heinrich Ulrichs verließ daraufhin den Staatsdienst und ließ sich in Burgdorf als Anwalt nieder. Doch auch diesen Beruf konnte er wegen eines Berufsverbots nicht lange ausüben. Ulrichs schlug sich als Journalist und Privatsekretär durch. Außerdem gab er Fremdsprachenunterricht - denn er galt als einer der besten Lateinkenner seiner Zeit. Gleichzeitig forschte und publizierte er über die gleichgeschlechtliche Liebe. 1864 veröffentlichte er die erste von zwölf Schriften dazu. In ihnen stellt Ulrichs die Hypothese von der weiblichen Seele im männlichen Körper auf. Die gleichgeschlechtliche Liebe nannte er Uranismus - den Begriff der Homosexualität gab es damals noch nicht. Er ging von einer natürlichen, nicht krankhaften Veranlagung aus und forderte die Straflosigkeit homosexueller Handlungen. Er bekannte sich damit öffentlich zu seiner Veranlagung, was zu dieser Zeit einerseits unerhört war, aber auch gefährlich wegen der drohenden Strafverfolgung. Seine Publikationen, die in einigen Ländern verboten wurden, machten Ulrichs zu einem Pionier der Sexualwissenschaft. Seine Forderung nach der Straffreiheit für homosexuelle Handlungen trug er 1867 erstmals öffentlich auf dem Juristentag in München vor.

Wegen der immer mehr um sich greifenden Verfolgung von Homosexuellen in Deutschland wanderte Ulrichs 1880 nach Italien aus und ließ sich in Neapel nieder. Dort gab er eine kleine Zeitschrift heraus, die von Freunden des Lateinischen auf mehreren Kontinenten abonniert wurde. Damit setzte er sich ein neues Ziel: Er wollte die lateinische Sprache als Sprache der humanistisch Gebildeten wiederbeleben. Im Juni 1883 zog Karl Heinrich Ulrichs nach L' Aquila um, wo er zwölf Jahre später am 14. Juli 1895 starb.

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