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Landeshauptstadt Stuttgart

Presse

Diabetes-Früherkennung bei Kindern - Stuttgarter Präventionsprojekt mit deutlichem Erfolg

Stuttgarter Präventionskampagne reduziert die lebensbedrohliche, schwerwiegende Stoffwechselentgleisung bei Diabetesneuerkrankung im Kindesalter deutlich - Klinikum Stuttgart und Gesundheitsamt berichteten am 21.01.2019 im Sozial- und Gesundheitsausschuss der Landeshauptstadt Stuttgart über das gemeinsam durchgeführte, bundesweit einzigartige Projekt

Der Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindesalter. Aktuellen Schätzungen zufolge sind in Deutschland 30.000 bis 32.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 0 bis 19 Jahren betroffen. Besonders besorgniserregend ist, dass immer mehr Kleinkinder an einem Typ-1-Diabetes erkranken.

Das bundesweit einmalige Projekt wurde vom Olgahospital - Klinikum Stuttgart und vom Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Stuttgart über drei Jahre mit dem Ziel durchgeführt, die lebensgefährliche, schwere Stoffwechselentgleisung beim Auftreten der Erkrankung zu verhindern. Dazu ist die frühe Diagnosestellung eines Diabetes wichtig, die bei Kleinkindern aber leider oft erst relativ spät erfolgt. "Dies gelingt am besten, wenn Eltern die typischen Symptome eines Diabetes erkennen und rasch handeln", so Sozial- und Gesundheitsbürgermeister Werner Wölfle. "Das Projekt setzt daher auf Information und Aufklärung über die vier Warnzeichen eines Diabetes. Diese sind: ständiger Durst, häufiges Wasserlassen, stetige Müdigkeit und Gewichtsabnahme."

Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit, deren Ursache trotz intensiver Forschung noch nicht vollständig geklärt ist. Dabei werden die insulinproduzierenden Zellen der Langerhansschen Inseln der Bauspeicheldrüse zerstört. "Frühkindlicher Diabetes hat nichts mit der Lebensführung oder dem Körpergewicht zu tun", betont Dr. Martin Holder, leitender Oberarzt der Pädiatrie 2 des Olgahospitals und dort verantwortlich für das größte Diabetes-Zentrum für Kinder und Jugendliche in Süddeutschland. "Bisher kann diese Erkrankung präventiv nicht verhindert werden. Wichtig ist aber, frühzeitig die typischen Symptome zu erkennen."

Aufklärungskampagne mit Flyer und Plakaten

Die Aufklärungskampagne über die Diabetes-typischen Symptome erfolgte über drei Jahre (2015 bis 2017) mittels Flyer und Plakaten im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung (ESU), in Stuttgarter Kindertageseinrichtungen, in Stuttgarter Kinder- und Jugendarztpraxen sowie mittels regelmäßiger Öffentlichkeitsarbeit. Die Datenerfassung der Patienten mit Neuerkrankung eines Typ-1-Diabetes erfolgte im Olgahospital, der einzigen Kinderklinik in Stuttgart. Als Vergleichszeitraum wurden die Jahre 2011 bis 2013 gewählt, 2014 diente der Vorbereitung.

Die vom Gesundheitsamt durchgeführte Einschulungsuntersuchung (ESU) findet 15 bis 24 Monate vor der Einschulung statt. Das mittlere Alter zum Zeitpunkt der Untersuchung beträgt 4,5 Jahre. Im Interventionszeitraum wurden im Rahmen der ESU insgesamt 17.174 Kinder und ihre Familien über die vier Warnzeichen eines Diabetes aufgeklärt. "Ein Kind zeigte bei der Einschulungsuntersuchung die Diabetes-typischen Symptome, weshalb die unmittelbare Vorstellung beim Arzt und die Diagnosestellung eines Typ-1-Diabetes erfolgte, und zwar glücklicherweise ohne schwere, lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung", freut sich Professor Dr. Stefan Ehehalt, Leiter des Gesundheitsamtes, über den unmittelbaren Nutzen der Aufklärungsarbeit im Rahmen der Einschulungsuntersuchung. "Mit Plakaten und Veröffentlichungen haben wir die Stuttgarter Bevölkerung regelmäßig auf unsere Kampagne aufmerksam gemacht. Interessierten Kindertageseinrichtungen wurden Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt."

Im Olgahospital wurden vor Beginn der Aufklärungskampagne 127 und während der Aufklärungskampagne 118 Kinder und Jugendliche mit Manifestation eines Typ-1-Diabetes behandelt. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit einer Stoffwechselentgleisung, der sogenannten diabetischen Ketoazidose (DKA), war im Zeitraum der Kampagne niedriger als zuvor (n = 19 (16,1 %) vs. n = 36 (28 %)). In allen Altersgruppen zeigte sich, dass die Anzahl der Stoffwechselentgleisungen bei Auftreten der Erkrankung im Trend abgenommen hat. Ein zusätzliches wichtiges Ergebnis ist, dass die Aufklärungskampagne von den teilnehmenden Institutionen und Personen gut angenommen wurde und zu keinem erhöhten Informations- und Abklärungsbedarf führte.

Aus den Ergebnissen folgern Olgahospital und Gesundheitsamt, dass Präventionskampagnen wie das Stuttgarter Ketoazidose-Präventionsprojekt das Risiko einer Stoffwechselentgleisung beim Auftreten eines Typ-1-Diabetes im Kindes- und Jugendalter deutlich reduzieren können. Damit ist diese Informationskampagne Vorbild für andere Städte und Landkreise.

Das Projekt wurde bereits im Vorfeld mit dem Leonard-Thompson-Gedächtnispreis der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ausgezeichnet.


(Gemeinsame Pressemitteilung der Landeshauptstadt Stuttgart und des Klinikums Stuttgart)

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