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Svenja Leiber und Thilo Diefenbach erhalten Stuttgarter Johann-Friedrich-von-Cotta-Literatur- und Übersetzungspreis

Der Gemeinderat hat dem Vorschlag der Jury zur Verleihung des 20. Johann-Friedrich-von-Cotta-Literatur- und Übersetzungspreises 2023 an die Schriftstellerin Svenja Leiber an den Übersetzer Thilo Diefenbach zugestimmt.

Der Gemeinderat der Stadt Stuttgart hat am 12. Oktober dem Vorschlag der Jury zur Verleihung des 20. Johann-Friedrich-von-Cotta-Literatur- und Übersetzungspreises 2023 an die Schriftstellerin Svenja Leiber für ihren Roman „Kazimira“ und an den Übersetzer Thilo Diefenbach für seine „Anthologie taiwanischer Literaturen: Zwischen Himmel und Meer“ zugestimmt. Der Preis ist mit insgesamt 20.000 Euro dotiert und wird zu gleichen Anteilen zwischen den beiden Preisträgern aufgeteilt. Der Cotta-Preis wird seit seiner Gründung im Jahr 1978 als Auszeichnung für herausragende deutschsprachige Literatur und Übersetzung verliehen.

„Besonders beeindruckend ist Svenja Leibers Sprache, die zwischen lakonisch und überbordend schwankt, dabei weich und zurückhaltend bleibt, nie voyeuristisch ist und immer wieder überraschende Bilder findet“, begründet die Jury die Wahl. „Mit ‚Kazimira‘ hat Svenja Leiber ein akribisch recherchiertes Portrait über die Geschichte einer wenig bekannten, aber nicht allzu entfernten Region vorgelegt. Mit der Wertschätzung, die sie ihren Figuren zuteilwerden lässt, und ihrer sensiblen Sprache ist es ihr mit diesem Generationenroman gelungen, vor dem Hintergrund des Grauens von Nationalismus und Antisemitismus sowie zweier Weltkriege von Glück und Leid zu erzählen, von Frauen, die sich gegen Unterdrückung und patriarchale Strukturen auflehnen und von einem Bernsteinbergwerk, das im Zuge der Globalisierung wirtschaftlich immer mehr an Bedeutung verloren hat und tiefe Narben in der Landschaft hinterließ.“

Die Entscheidung für das Werk Thilo Diefenbachs begründet die Jury wie folgt: „Diefenbachs Anthologie versammelt Gedichte und Legenden, Essays, Erzählungen und Romanauszüge. Und zwar nicht nur auf Mandarin, wie die wenigen anderen deutschsprachigen Anthologien von Literatur aus Taiwan, die sich auf die Nachkriegszeit konzentrieren, sondern er übersetzt Texte aus mehreren Jahrhunderten aus dem Mandarin und klassischem Chinesisch, aus dem Taiwanischen und dem Japanischen. Von Taiwan wissen wir vor allem, dass es sich nicht als ‚chinesisch‘ im Sinn der Volksrepublik China identifiziert. Von Thilo Diefenbach lernen wir, was das in den Literaturen bis heute bedeutet. Sein Respekt vor der Widerständigkeit der Insel gegenüber dem Festland zeigt sich auch darin, dass er eine Umschrift benutzt, die ausdrücklich anders vorgeht als die in China favorisierte. Es sind diese Superlative der kulturellen Vermittlungsleistung von Thilo Diefenbach und seinen Mitarbeitenden, die mit dem Cotta-Preis für Übersetzung ausgezeichnet werden.“

Der Jury gehörten – neben den Mitgliedern des Gemeinderats Dr. Christine Lehmann, Jürgen Sauer und Dejan Perc – die Übersetzerin Larissa Bender, die Schriftstellerin Anna-Katharina Hahn, der Lektor und Schriftsteller Martin Kordić und die Literaturkritikerin Verena Lueken sowie – als Vorsitzender – der Erste Bürgermeister Dr. Fabian Mayer an.

Die festliche Preisverleihung an Autorin und Übersetzer findet am 14. November um 19 Uhr im Großen Sitzungssaal des Stuttgarter Rathauses statt.

Über die Preisträger

Svenja Leiber wurde 1975 in Hamburg geboren. Sie studierte Philosophie, Literaturwissenschaft, Geschichte und Kunstgeschichte in Berlin, debütierte 2005 mit dem Erzählungsband Büchsenlicht (Ammann Verlag), und veröffentlichte seitdem die Romane Schipino (Schöffling, 2010), Das letzte Land (Suhrkamp, 2014), Staub (Suhrkamp, 2018) und Kazimira (Suhrkamp, 2021). Lese- und Recherchereisen führten sie unter anderem in die Ukraine, nach Russland, Kuba, Kanada, Syrien, Jordanien und Israel.

Svenja Leiber lebt und arbeitet in Berlin, ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland, im PEN-Berlin, Teil von Weiter Schreiben, einem Portal für literarische Zusammenarbeit mit geflüchteten Autorinnen und Autoren, und war Mitgründerin des Kollektivs Writing with Care/Rage, das auf unsichtbare und unbezahlte Sorgearbeit im Hintergrund von literarischen Arbeitsprozessen aufmerksam macht.

Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit arbeitet sie mit dem Künstler Ulf Aminde zu gesellschaftlichen Themen und Fragestellungen wie kritischer Erinnerung und Auseinandersetzung mit rechtsgerichteter Gewalt.

Thilo Diefenbach wurde 1975 geboren, studierte Sinologie und Germanistik in Frankfurt und hat 2004 an der Kölner Universität promoviert. Seine Dissertation „Kontexte der Gewalt in moderner chinesischer Literatur“ erschien 2004. Zu seinen Buchpublikationen zählen die Anthologie Kriegsrecht. Neue Literatur aus Taiwan (iudicium 2017) und Gedanken in Weiß sowie Gedichte von Cheng Chiung-ming (iudicium 2019). Neben der Literatur Taiwans widmet er sich auch der vormodernen Literatur Chinas. 2012 beispielsweise erschien sein Band Zwischen Engagement und Resignation: Auszüge aus dem Yulizi und anderen Texten von Liu Ji (1311-1375) beim Ostasien-Verlag. Er war für mehrere Jahre Redakteur bei der Zeitschrift ASIEN und ist ständiger Mitarbeiter der Hefte für Ostasiatische Literatur. Seine neueste Anthologie Zwischen Himmel und Meer (iudicium 2022) unternimmt einen Streifzug durch die thematische und sprachliche Vielfalt der taiwanischen Literaturgeschichte.

Hinweis an die Redaktionen

Interviewanfragen können direkt an die Verlage gerichtet werden. Für Svenja Leiber: Suhrkamp Verlag, Alexandra Richter, E-Mail  richtersuhrkampde, Telefon 030 / 740 744-291. Für Thilo Diefenbach: Iudicium Verlag, Aimée Dornier, E-Mail  infoiudiciumde.

Weitere Informationen auf  http://www.stuttgart.de/cotta-literaturpreis (Öffnet in einem neuen Tab).

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