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Landeshauptstadt Stuttgart

Stadtplanung

Die Modellbauer von Stuttgart: Eine große Stadt ganz klein

Die Modellbauer des Amts für Stadtplanung und Wohnen bilden Häuser und Höhenmeter detailgetreu nach. In der stadteigenen Werkstatt werden Fassaden gefräst, Stuttgart 21 vollendet und Bordsteine hochgeklappt.

So sieht das Gerber und die Paulinenbrücke im Maßstab 1:500 aus.
Karin Haberer setzt einen Gravierstichel in die CNC-Fräse.

Sollte man die maßstabsgetreuen Straßenzüge einer Jahreszeit zuordnen, wäre das wahrscheinlich Winter. Reinweiß liegen die Miniaturbauten auf der Werkbank, die nach und nach aneinandergesetzt ganze Stadtteile abbilden. Auch Bäume, Straßen, Geländeerhebungen sind schlicht einfarbig gehalten. „Nichts soll den Eindruck der Gebäude stören. So lässt sich die beste Wirkung erzielen“, sagt die gelernte Tischlerin Karin Haberer.

Zum Beispiel, wenn bei Wettbewerben verschiedene Modelle verglichen werden sollen. Wie Bauklötzchen lassen sich dann die Entwürfe in den Straßenzug einsetzen, wieder rausheben, nächster rein.

Die Werkbank, an der Haberer das gerade vormacht, steht im ersten Stock des Graf-Eberhard-Baus, Amt für Stadtplanung und Wohnen. In der Abteilung Verwaltung, Recht und Denkmalschutz ist auch der Modellbau angesiedelt. Hier wurde selbst Stuttgart 21 bereits fertiggestellt, der neue Hauptbahnhof samt dem Stadtteil Rosenstein kann in der Dauerausstellung in der Eichstraße 9 besichtigt werden. Über die dreidimensionale Ansicht wirft ein Beamer Lichtstreifen: wo verkehrt künftig die Stadtbahn? Am Modell können diese und andere Informationen zusätzlich sichtbar gemacht werden. Das ist so anschaulich, dass sich auch Laien ein Bild machen können.

Ausstellungen sind selten

„Deswegen bin ich überzeugt, dass wir trotz aller technischen Visualisierungen und Datenbrillen auch in Zukunft nicht um physische Modelle herumkommen“, sagt Thorsten Donn, der das Amt für Stadtplanung und Wohnen leitet.

Modelle sind der Kern der Kommunikation zwischen Fachpublikum, Bürgerschaft und Kommunalpolitik.

Thorsten Donn, Leiter des Amts für Stadtplanung und Wohnen

Die Rosenstein-Ausstellung ist ein öffentlichkeitswirksamer Arbeitsnachweis für Teamleiterin Karin Haberer und ihre zwei Kollegen, deren Produkte sonst eher selten ausgestellt werden. Meistens präsentieren sie ihre Gebäudeklötzchen in Sitzungen, wenn es um Neubauprojekte geht.

Die Uhrzeit am Turm des Stuttgarter Rathauses stimmt meistens nicht, sonst ist alles detailgetreu.

Vor allem das riesengroße Modell der Innenstadtbezirke im Keller, im Maßstab 1:500 auf 32 Quadratmeter zusammengeschrumpft, dient den Stadtplanern zur Anschauung. Seit den 1960er-Jahren wird es ständig erweitert. Als nächstes wird die Baulücke im Westen, eine rechteckige Aussparung, nachverdichtet: das Olga-Areal wartet oben in der Werkstatt auf Vollendung. Andere Straßenzüge sind noch aus den Anfängen des Modellbaus beim Stadtplanungsamt.

Pures Handwerk

Im Keller des Eberhardbaus lassen sich viele Module zu einem 32 Quadratmeter großen Modell der Innenstadt zusammenschieben.

Manches wie das Abbild des neuen Hauses für Film und Medien entsteht mittlerweile am 3D-Drucker. Aber die weitaus meisten Gebäude werden mit viel Können und Geduld angerissen, gefräst, geklebt und die Polystyrol-Fassaden in liebevoller Detailarbeit mit Tür, Tor und Fensteröffnungen versehen. Pures Handwerk.

Der Standardmaßstab ist 1:500, bei dem ein Meter in der echten Welt zwei Millimetern im Modell entspricht. Um besonders kleinteilige Vorhaben besser zu visualisieren, wird gelegentlich auf 1:200 hochgezoomt: etwa bei der Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes in Bad Cannstatt. Die Arbeiten verschiedener Architekturbüros liegen auf einem Ausstellungstisch nebeneinander, sie lassen sich wie Legobausteine auf die plane Platte vor dem Mini-Bahnhof klicken. 

Und so sind die wichtigsten Utensilien für die Modellbauer: Cutter, Kaliber und Kleber, Anreißnadeln, MDF-Bretter für die Grundplatte, Ureol-Quader für die Gebäude, technische Zeichenprogramme, um die Grunddaten vom Stadtmessungsamt maßstabsgetreu auf die Modelle zu übertragen.

Schicht um Schicht

Die stadteigenen Vermessungsprogramme berücksichtigen nicht nur Gebäudemaße, sondern auch Hügel und Höhenmeter. Schicht um Schicht werden die schnee­weißen Platten exakt übereinandergeklebt, versetzt oder abgeflacht, um das Gelände detailgetreu nachzubilden.

So führt die nachgebaute Paulinenbrücke auch im Modell genau auf der Höhe am Mini-Gerber entlang, auf der sie in der echten Welt verläuft. „Man braucht schon räumliche Vorstellungskraft und viel Feingefühl“, sagt Karin Haberer.                                         

 

Die Rosenstein-Ausstellung in der Eichstraße 9 ist dienstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. Infos unter  www.rosenstein-stuttgart.de/die-ausstellung (Öffnet in einem neuen Tab).

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Bildnachweise

  • Frederike Preiss/Stadt Stuttgart
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  • asp Architekten
  • Visualisierung: asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur
  • Werner Dieterich/Stuttgart Marketing GmbH