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Landeshauptstadt Stuttgart

Gesundheit

Prävention kennt keine Altersgrenze

In der Seniorentagespflege Haus Rohrer Höhe, die zum städtischen Eigenbetrieb leben&wohnen gehört, wurde die Gesundheitsförderung für Seniorinnen und Senioren mit wissenschaftlicher Unterstützung neu konzipiert. Damit darf sich die Tagespflege Haus Rohrer Höhe „Bewegte Tagespflege plus“ nennen.

Aktivität im rechten Maß mit Spaß – die Bewegungsförderung stimmen die Mitarbeitenden der Tagespflege mit ihren Bewohnerinnen und Bewohnern ab.

„Was guter Service in Tagespflegen bedeutet, haben wir in den vergangenen eineinhalb Jahren grundlegend durchdacht“, sagt Aksel Garves bei der Abschlusspräsentation zur „Bewegten Tagespflege plus“ im Haus Rohrer Höhe. Garves arbeitet dort als Pflegefachkraft mit den Seniorinnen und Senioren. Seine Prioritäten haben sich während des Projekts grundlegend verändert: „Wir haben einen Kulturprozess durchlaufen. War uns vor eineinhalb Jahren noch am Wichtigsten, den Alltag für unsere Gäste möglichst komfortabel zu gestalten, so hat es für uns heute höchste Bedeutung, Bewegungsanlässe für Geist und Körper zu schaffen.“

Bewegungsanlässe entdecken und nutzen

Dass übermäßiges Sitzen fatal für die Gesundheit ist, das gilt nicht nur für berufstätige Menschen, sondern ebenso für Menschen im Ruhestand. Gerade Seniorinnen und Senioren müssen regelmäßig Ausdauer, Mobilität, Gleichgewicht und geistige Ressourcen fordern und fördern, um nicht abzubauen.

Wo in Tagespflegen genau gefördert und gefordert werden kann, hängt von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Es sind die vielen tagtäglichen Gelegenheiten, die entdeckt und genutzt werden wollen. In der Tagespflege Haus Rohrer Höhe bot sich die nahe gelegene Bibliothek an. Haben die Pflegefachkräfte Zeitungen früher an die Tische gebracht, gehen die Gäste nun gern gemeinsam zum Lesen ein Stockwerk höher. Dafür nehmen viele auch die Treppe und lassen den Aufzug links liegen.

„Treppensteigen ist eine der einfachsten und gleichzeitig effektivsten Interventionen zum Trainieren der Muskelkraft“, erläutert Pflegewissenschaftlerin Bianca Berger von der Hochschule Esslingen. Unter der Leitung von Professor Reinhold Wolke von der Fakultät Soziale Arbeit, Bildung und Pflege, Fachgebiet Gesundheits- und Sozialökonomie, haben sie und ihr Kollege Fabian Graeb seit dem Frühjahr 2022 das Projekt „Bewegte Tagespflege plus“ wissenschaftlich sowie mit Rat und Tat begleitet.

Finanziert wurde ihre Arbeit von der Krankenkasse IKK classic, die Gesundheits- und damit Bewegungsförderung bei älteren Menschen als eine der bedeutendsten aktuellen Aufgaben ansieht. Ohne Bewegung ist es nicht möglich, den Alltag zu gestalten. Einkaufen, der Besuch beim Arzt, der soziale Anschluss – Ausdauer, Kraft, Gangsicherheit, körperliche und geistige Beweglichkeit bilden die Grundlagen dafür.

„Bewegte Tagespflege plus“ im Haus Rohrer Höhe

Die Tagespflege Haus Rohrer Höhe ist eine von vier Piloteinrichtungen der „Bewegten Tagespflege plus“. Marc Bischoff, Geschäftsführer des Eigenbetriebs leben&wohnen, ist stolz auf die Pionierarbeit seiner Mitarbeitenden und lobt das partizipative Vorgehen des Projektansatzes: „Menschen müssen eine Verbindung zu Veränderungen haben, damit sie sie mittragen. Als Eigenbetrieb der Stadt Stuttgart ist es uns wichtig, dass die Menschen einbezogen sind. Unsere Einrichtungen sind ein Teil der städtischen Gemeinschaft.“

Tatsächlich hat das Projekt viel für die Verbundenheit in der Tagespflege Haus Rohrer Höhe geleistet. Wurden früher von den Mitarbeitenden Getränke am Tisch gereicht, so haben die Seniorinnen und Senioren heute die Eigenverantwortung. Sie bedienen sich gegenseitig, bewegen sich dabei mehr und kommen zudem schneller ins Gespräch miteinander. Neben der Beweglichkeit und dem motorischen Vermögen wird auch das grundlegend wichtige Gefühl gestärkt, für sich selbst sorgen zu können, sowie das Empfinden, eingebunden zu sein.

Dass die Gäste die Veränderungen ohne Einspruch mitgetragen und gutgeheißen haben, überraschte sowohl die Pflegefachkräfte wie auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Hochschule Esslingen. Die Umstellung von der Tischbedienung auf ein Buffet kam bei den Gästen bestens an. Viele sahen darin den Vorteil, jetzt mehr Entscheidungsfreiheit bei der Essensauswahl zu haben.

Bewegung durchzieht den Tag

Im Haus Rohrer Höhe spielt Mobilität jetzt eine weitaus größere Rolle und ist dabei selbstverständlich in den Alltag integriert. „Früher hatte Bewegung eher den Status von Arbeit. Nach der Gymnastik oder dem Absolvieren einer Wegstrecke setzte man sich hin und erholte sich“, erklärt Aksel Garves. „Heute haben wir ein Ziel, beispielsweise die Bibliothek. Wir stehen einfach vom Tisch auf und unternehmen etwas.“ An den Bibliotheksbesuch schließen die Gäste oft noch einen Spaziergang an. Jeder Tag sei so mit einem Mehr an Erlebnissen, Eindrücken und Lebensqualität angereichert.

Bedeutung der Tagespflege nimmt weiter zu

Für die Hochschule Esslingen endet mit dem ausgehenden Jahr 2023 die offizielle Begleitung der Tagespflege Haus Rohrer Höhe. Was für die Wissenschaftler um Professor Wolke bleibt, ist der Fokus auf Tagespflegen generell und ihre Bedeutung für Gesundheitsförderung und Prävention. Denn in nur vier Jahren konnten diese ein Wachstum von 34 Prozent verbuchen. Piloteinrichtungen wie die Tagespflege Haus Rohrer Höhe können mit ihren gesammelten Erfahrungen dabei zu einem Leuchtturm in Sachen „Bewegte Tagespflege“ werden.

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Bildnachweise

  • Aksel Garves/Eigenbetrieb leben&wohnen