Die Delegation war vom 31. Januar bis 5. Februar in der indischen Partnerstadt Mumbai im Bundesstaat Maharashtra. Themen des Programms waren unter anderem die Gewinnung von Fachkräften im Gesundheitswesen sowie die Pflege der Städtepartnerschaft, die seit 55 Jahren besteht.
Höhepunkt der Reise war das Netzwerktreffen „Stuttgart meets Mumbai“. Auf dem zweitägigen Event tauschten sich Repräsentanten beider Städte aus. Bürgermeister Fuhrmann präsentierte in seiner Eröffnungsrede die Landeshauptstadt als weltoffene und internationale Stadt mit einem attraktiven Wirtschaftsstandort. Zum interkulturellen Weinfest kommen jährlich rund 1500 Menschen aus Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur und Medien. Das Netzwerktreffen wird vom Indischen Honorarkonsulat in Stuttgart ausgerichtet.
„Wir haben über Jahrzehnte eine bemerkenswerte Tradition geschaffen. Die freundschaftliche Verbundenheit zwischen Stuttgart und Mumbai beeindruckt“, sagte Bürgermeister Thomas Fuhrmann nach der Reise. „Unsere Städtepartnerschaft öffnet Türen für Schüler, Studenten, Engagierte und Unternehmen zum Gewinn für beide Kulturen. In global unruhigen Zeiten, ist es wichtiger denn je, zusammenzuarbeiten.“
Chancen für Fachkräftegewinnung aus Indien
Im Fokus der Reise stand vor allem die Gewinnung von Fachkräften für Stuttgart. Denn die Bevölkerung in Indien wird den Vereinten Nationen zufolge noch jahrzehntelang wachsen - von heute rund 1,4 Milliarden Menschen auf fast 1,7 Milliarden im Jahr 2050. Diese „demografische Dividende“ an jungen Menschen ist für den indischen Staat eine Chance und zugleich eine Herausforderung. Anders als in Deutschland ist das Normalarbeitsverhältnis in Indien zu 80 Prozent informell, das heißt ohne Arbeitsvertrag, ohne soziale Absicherung und nur mit geringem Einkommen. Die indische Regierung betreibt daher die groß angelegte Berufsbildungsoffensive „Skill India“, modernisiert die Wirtschaft ambitioniert und fördert Investitionen aus dem Ausland – trotzdem zieht es viele Inderinnen und Inder ins Ausland.
Für das Klinikum Stuttgart könnten sich so mögliche Perspektiven ergeben aufgrund des eigenen Fachkräftemangels beim medizinischen Personal. Deshalb machte sich die Delegation ein Bild vom Gesundheitswesen in Mumbai und besuchte ein städtisches und privates Krankenhaus. Vor Ort sprach die Delegation mit Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften über die medizinische Versorgung und Ausbildung in beiden Städten. Außerdem besuchte die Delegation das All India Institute for Local Self Government (AIILSG), das während der Corona‐Pandemie 1.000 Mitarbeiterinnen für die Gesundheitsverwaltung in Mumbai qualifiziert hat.
„Viele junge Inderinnen und Inder möchten bei uns arbeiten, studieren oder lernen“, sagte Bürgermeister Fuhrmann. „Für das Klinikum Stuttgart ist die Integration und Ausbildung von medizinischem Personal aus Indien eine Chance, dem eigenen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Gleichzeitig könnten wir unsere Partnerstadt Mumbai mit Bildungspartnerschaften im Gesundheitswesen unterstützen. Hier wollen wir nach einem Workshop während der Reise neue Impulse setzen“, so Fuhrmann.
Partnerschaften fördern interkulturellen Austausch
Im Bereich der Schulen und Hochschulen besteht bereits großes Engagement. Die Delegation besuchte auf der Reise zwei Partnereinrichtungen in Mumbai. Das Ferdinand‐Porsche‐Gymnasium unterhält eine Partnerschaft zur Schule R. A. Podar College of Commerce & Economics. Hier ist Deutsch seit 1978 eine der wichtigsten Fremdsprachen. Die Universität Stuttgart pflegt eine Partnerschaft zum renommierten St. Xavier’s College in Mumbai. Hier spielt der Austausch von Studenten eine wichtige Rolle. Diese Bildungspartnerschaften fördern den interkulturellen Austausch und sind zugleich ein wichtiger Türöffner, um neue Fachkräfte für die Zukunft zu gewinnen.
Wie Inderinnen und Inder auf das Leben in Deutschland vorbereitet werden, darüber informierte sich die Delegation bei Mitarbeitenden des Goethe‐Instituts in Mumbai. Der Weg nach Deutschland beginnt in der Heimat. Das Institut bietet in Mumbai zertifizierte Deutschkurse und Fachsprachkurse sowie interkulturelle Kurse an. Damit die Integration in Deutschland gelingt, ist die intensive Betreuung in der neuen Heimat zentral für den Erfolg, etwa durch die Arbeit von Integrationsbeauftragten, Patenschaften und einem Welcome Center.
Die Delegation informierte sich auch über die Berufsausbildung in Indien, die Partnern zufolge stark verschult ist. Die staatlichen Industrial Training Institutes (ITI) und Polytechnics etwa bringen nur wenig qualifizierte Arbeitskräfte hervor. Zu den Ausnahmen zählt das christliche Don Bosco Institute of Technology in Mumbai, das die Delegation bei einem Rundgang kennenlernte. Das Institut ermöglicht benachteiligten Jugendlichen eine duale Ausbildung als Handwerker. In Indien gibt es eine große Nachfrage nach guter Bildung. Weil es im Land an Fachkräften mangelt, haben deutsche Unternehmen vor Ort bereits eigene Ausbildungszentren geschaffen, die auch dem indischen Arbeitsmarkt zu Gute kommen.
Die Städtepartnerschaft zwischen Stuttgart und Mumbai besteht seit 1968. Die Landeshauptstadt führt derzeit Beziehungen zu zehn Partnerstädten. Diese Zusammenarbeit ist nach wie vor ein wichtiges Instrument, um freundschaftliche Verbindungen zwischen Kulturen zu fördern und voneinander zu lernen – unabhängig von tagesaktuellen Entwicklungen.