Inhalt anspringen

Landeshauptstadt Stuttgart

Hinweisgeberschutz in Kraft

„Das Gesetz war längst überfällig“

Das Amt für Revision verfolgt Korruption und andere Delikte bei der Stadt. Wie das neue Hinweisgeberschutzgesetz dabei hilft, erläutern der stellvertretende Amtsleiter Peter Glinder und Adam Breuninger, Leiter der internen Meldestelle.

Die Aufklärer beim Amt für Revision: Peter Glinder (links) und Adam Breuninger.

Herr Glinder, Sie klären seit Jahren Korruptionsdelikte innerhalb der Stadtverwaltung auf. Welche Straftat ist Ihnen in besonderer Erinnerung?

Glinder: Es gab einen Fall, in dem städtische Wertguthabenkarten in großem Stil veruntreut wurden. In der Wohnung der Person wurden zig davon gefunden. Die Folge war die sofortige Kündigung: Bei Straftaten haben wir eine Null-Toleranz-Politik.

Wenn ein Mitarbeiter etwas Verdächtiges melden möchte, wie genau läuft das ab?

Breuninger: Sowohl die neue interne Meldestelle beim Amt für Revision als auch der altbekannte Vertrauensanwalt sind per Email, Telefon oder persönlich erreichbar. An wen der Mitarbeiter sich wendet, ist egal. Der Verauensanwalt sichert Anonymität gegenüber der Landeshauptstadt zu.

Wie geht es dann weiter?

Breuninger: Wir prüfen die Meldung zunächst auf Plausibilität: Sind wir zuständig? Betrifft es die Stadtverwaltung? Manchmal ist zum Beispiel auch eine Einrichtung des Landes gemeint, was der Person vielleicht nicht bewusst war. Betrifft die Meldung die Stadt, wird intern ermittelt und der Bericht an die zuständige Stelle weitergleitet. Ab da geben wir die Zuständigkeit ab. 

Peter Glinder ist stellvertretender Leiter des Amts für Revision. Er hat die Zentralen Antikorruptionsstelle (ZAKS) seit 2012 aufgebaut.

Was ist anders als vor dem Hinweisgeberschutzgesetz?

Glinder: Vor allem ist das Spektrum breiter. Vorher haben wir als Zentrale Antikorruptionsstelle nur Korruptionsdelikte verfolgt. Jetzt nehmen wir alle Meldungen entgegen, die strafrechtlich relevant sein können, aber auch zum Beispiel Verstöße gegen Datensicherheit oder Steuerrecht. Neu ist auch, dass Hinweisgeber sich an direkt übergeordnete Meldestellen wie das Bundesamt für Justiz wenden können.

Wieviele Hinweise werden aufgeklärt?

Glinder: Zurzeit verfolgen wir in Stuttgart fünf bis zehn Fälle pro Jahr, die jeweils zu Konsequenzen führen. Dafür werden teilweise mehrere Berichte mit dutzenden Seiten verfasst. Aktuell bearbeiten wir einen Fall mit einem hohen finanziellen Schaden. 

Wie gewährleisten Sie, dass der Hinweisgeber keine negativen Konsequenzen davonträgt?

Glinder: Wir behandeln jede Meldung vertraulich und leiten die Informationen nur an die Kollegen weiter, die erforderlich sind, um den Sachverhalt aufzuarbeiten. Der Hinweisgeber wird zudem vor Repressalien geschützt. Hier gilt eine gesetzliche Beweislastumkehr zu seinen Gunsten.

Was bedeutet das?

Glinder: Wenn ein Mitarbeiter vermutet, dass er etwa zu unrecht gekündigt oder versetzt wurde oder eine Beförderung nicht erhalten hat, dann muss der Vorgesetze nachweisen, dass dies nichts mit seinem Hinweis zu tun hat. Im Zweifel steht ihm Schadensersatz zu. 

Breuninger: Seine Ansprüche muss er aber selbst geltend machen.

Adam Breuninger wird Leiter der neuen internen Meldestelle. Bisher ist er stellvertretender Leiter der ZAKS bei der Stadt, die in die neue Meldestelle überführt wird.

Sind die meisten Hinweise anonym?

Breuninger: Etwa jede zweite Meldung wird anonym beim Vertrauensanwalt gemacht. 

Wie ist die Whistleblower-Kultur bei der Stadt: Werden Dinge konstruktiv angesprochen oder wird das Format auch genutzt, um Frust abzuladen?

Breuninger: Die Gefahr des Denunziantentums ist minimal, weil wir jeden Hinweis auf Plausibilität prüfen. 

Glinder: Ganz klar: Die Leute wollen was ändern. Nehmen Sie den Skandal ums Klinikum, wo millionenschwere Geschäfte mit gefälschten Abrechnungen für die Behandlung ausländischer Patienten gemacht wurden. Die Leute wollen gar nicht in so einem korrupten Umfeld arbeiten. 

Was passiert bei vorsätzlich falschen Anschuldigungen?

Breuninger: So etwas hatten wir noch nicht. Aber in dem Fall gibt es eine Regelung zum Schadensersatz. Solche Personen werden nicht geschützt.

Wie kann ich als Mitarbeiter verhindern, dass ich mir unbewusst etwas zu schulden kommen lasse?

Breuninger: Generell darf man kein Bargeld, aber Geschenke bis 15 Euro annehmen. Nur: Wie oft im Jahr? Dazu beraten wir. Und wir machen Schulungen, um für Korruption zu sensibilisieren. Damit erreichen wir nicht alle, daher wollen wir e-Learning voranbringen. 

Mit welchen Kosten ist das neue Gesetz für die Stadtverwaltung verbunden?

Breuninger: Für die interne Meldestelle wird eine neue Stelle geschaffen, dem hat der Gemeinderat am 12. Oktober zugestimmt. Ansonsten bauen wir auf vorhandene Strukturen: die Zentrale Antikorruptionsstelle besteht seit 2012, sie wird in Teilen in die interne Meldestelle überführt. 

Kann das Gesetz wirklich helfen, Missstände aufzudecken?

Breuninger: Absolut! Es ist längst überfällig, weil es endlich Rechtssicherheit schafft und ganz klar vorgibt, wann Hinweise wo abgegeben werden können und wie der Hinweisgeber geschützt werden kann. 

Mehr Schutz für Hinweisgeber

Kontakt: In Stuttgart werden die Aufgaben der Antikorruptionsarbeit von der Zentralen Antikorruptionsstelle (ZAKS) wahrgenommen. Das Team der  internen Meldestelle sitzt beim Amt für Revision.

Das könnte Sie auch interessieren

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • LICHTGUT/Stadt Stuttgart
  • LICHTGUT/Stadt Stuttgart
  • LICHTGUT/Stadt Stuttgart
  • Thomas Wagner/Stadt Stuttgart