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Stuttgarter Bauten und Jüdisches Leben – Freiluftausstellung im Innenhof des Stadtarchivs

„Stuttgarter Bauten und jüdisches Leben Bloch & Guggenheimer“ heißt die neue Freiluftausstellung im Innenhof des Stadtarchivs, die am 9. Juni eröffnet wird.

Vom 10. Juni bis 14. November erhalten Besucherinnen und Besucher Einblicke in das Leben und Werk der Architekten Oscar Bloch und Ernst Guggenheimer gibt. Die Ausstellung ist von Montag bis Freitag, 8 bis 20 Uhr, bis Ende September auch sonntags von 11 bis 17 Uhr, frei zugänglich.

Die Lebens- und Schaffenszeit der beiden Architekten ist weit gespannt. Sie reicht vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und die NS-Zeit bis in die Nachkriegszeit und spiegelt die architekturgeschichtliche Entwicklung jener Jahrzehnte wider. Sitz des Architekturbüros und Lebensmittelpunkt der Architekten war Stuttgart, weshalb in der Ausstellung der Fokus auf die Stuttgarter Bauten gelegt wird. Das Wirken steht in enger Verbindung mit der jüdischen Gemeinschaft in Stuttgart. Die Bauherren – auch im persönlichen Umfeld – zählten zum Netzwerk der Gemeinde, für die die Architekten Projekte vor und besonders nach 1933 realisierten. Dieses Netzwerk, die Biografien der Bauherren und die Geschichte der jüdischen Gemeinde sind ebenfalls Gegenstand der Ausstellung, die ein Beitrag zum 2021 begangenen bundesweiten Jubiläumsjahr „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ ist.

Bloch & Guggenheimer

Die Architekten, die beide an der Technischen Hochschule Stuttgart studiert hatten, legten 1909 ihre Zweite Staatsprüfung ab und gründeten noch im selben Jahr ein gemeinsames Büro. Zunächst bauten sie Einfamilienhäuser, der Auftrag für die Israelitische Waisenanstalt in Esslingen (1912/13) machte sie bekannt. Es folgten vor allem Wohnbauten, Geschäftshäuser und Entwürfe für Synagogen. Der Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 beendete den Erfolg. Als Schweizer konnte Oscar Bloch zwar weiter bauen, aber vieles blieb Projekt. Nach dessen Tod führte Ernst Guggenheimer die Projekte zu Ende und musste für die Israelitische Vereinigung an der Einrichtung von Zwangsaltenheimen mitwirken. Nach Kriegsende wagte er die Neugründung des Büros und war von 1946 bis 1952 im Ausschuss sowie zeitweise im Vorstand der Israelitischen Kultusvereinigung aktiv. Mit der Neuen Synagoge in Stuttgart konnte er 1951/52 seinen wichtigsten Nachkriegsbau umsetzen.

Früh- und Hauptwerk

Im Studium lernten Bloch und Guggenheimer die neuen Ideen Theodor Fischers kennen. Ihre frühen Einfamilienhäuser von 1910/11 zeigen die malerisch asymmetrischen Merkmale des aufkommenden Heimatstils. Für die wenige Jahre später gebaute Fabrikantenvilla für Albert Levi griffen sie dagegen auf klassizistische Formen zurück.

Die weithin beachtete Weißenhofsiedlung beeinflusste auch die Arbeit von Bloch & Guggenheimer. Mit der 1972 abgerissenen Villa Dr. Oppenheimer am Bubenbad von 1927/28 wandten sie sich vom bisherigen Stil ab. Noch deutlicher ist die Übernahme der Prinzipien des Funktionalismus am Haus Frankenstein zu sehen. Hier beherrschen verschachtelte Kuben, großzügige Fensterflächen und Terrassen die Gestaltung. In der Zeit bis 1933 konnten sie in Stuttgart und in der Zeit der Wirtschaftskrise auch in der Schweiz etliche moderne Bauten realisieren.

Biographien der beiden Architekten

Der am 4. März 1881 in Zürich geborene Oscar Bloch zog 1883 mit seiner Familie nach Stuttgart. Nach dem Besuch des Karlsgymnasiums studierte er an Technischen Hochschule Stuttgart Architektur. 1909 gründete er mit Ernst Guggenheimer ein Architekturbüro. Bloch heiratete 1919 Alice Rothschild, das Ehepaar bekam bis 1929 drei Kinder. Nach 1933 wurde Bloch die Zulassung zur Reichskulturkammer verweigert, der Schweizer Staatsbürger konnte dennoch für jüdische Bauherrn und die Jüdische Gemeinde bauen. Er verstarb am 6. Januar 1937 an den Folgen einer Operation in Stuttgart.

Ernst Guggenheimer wurde am 27. Juli 1880 in Stuttgart geboren, besuchte die Friedrich-Eugens-Realanstalt und studierte nach dem Abitur Architektur an der Technischen Hochschule Stuttgart. 1915-18 leistete er trotz eines Gehörleidens freiwillig Kriegsdienst. Guggenheimer heiratete 1919 Frieda Schaper, eine Protestantin aus Hannover. Der bis 1939 bestehenden Ehe entstammten zwei Söhne. Guggenheimer überlebte die Shoah in Stuttgart, zuletzt im Versteck. Er war von 1946 bis 1952 im Ausschuss sowie zeitweise im Vorstand der Israelitischen Kultusvereinigung aktiv. Er starb am 12. September 1973.

Nähere Informationen zu Führungen und weiteren Veranstaltungen im Rahmen des Begleitprogramms sind auf der Webseite des Stadtarchivs unter  www.stuttgart.de/stadtarchiv (Öffnet in einem neuen Tab) oder im Blog  https://archiv0711.hypotheses.org (Öffnet in einem neuen Tab) zu finden.

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