Der Bildhauer, Maler und Grafiker Otto Herbert Hajek (1927–2005) ist eine der großen Stuttgarter Künstler*innenpersönlichkeiten der Nachkriegszeit.
Hajeks Kunstwerke sind auf der ganzen Welt zu finden, aber nur in seiner Heimatstadt Stuttgart lässt sich im öffentlichen Außenraum die Breite seines künstlerischen Schaffens nachvollziehen, von Einzelplastiken, die seinen Weg von der Figuration in die Abstraktion nachzeichnen, bis zu Architekturüberformungen, die er als „Kunst als Bau“ bezeichnete. Hajek ging stets vom (urbanen) Menschen aus - für ihn konzipierte er seine Platzgestaltungen und setzte sich darüber hinaus intensiv für eine internationale Kulturpolitik ein.
Die Otto Herbert Hajek-Stiftung der Stadt Stuttgart (Öffnet in einem neuen Tab) betreut zusammen mit dem Kunstmuseum Stuttgart (Öffnet in einem neuen Tab), der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG (Öffnet in einem neuen Tab), dem Deutschen Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (Öffnet in einem neuen Tab) und dem SAAI/Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau (Öffnet in einem neuen Tab)seinen künstlerischen Nachlass.
Otto Herbert Hajek - Biografie
Otto Herbert Hajek wurde 1927 in Kaltenbach (heute Nové Hutě/Tschechien) geboren, er starb 2005 in seiner Wahlheimat Stuttgart. An der dortigen Kunstakademie hatte er bereits zwischen 1947 und 1954 Bildhauerei studiert.
Nach ersten figurativen Anfängen entwickelte sich Hajek in den 1950er Jahren zu einem der Hauptvertreter der informellen Plastik. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde er durch die Teilnahme an der documenta III (Öffnet in einem neuen Tab) 1964 in Kassel bekannt, zu der er das erste begehbare Kunstwerk, den Frankfurter Frühling, beisteuerte. Diese Installation weist voraus auf Hajeks konsequenten Weg an die Öffentlichkeit, in den Stadtraum. Mithilfe von Farbstreifen, die über die – oft in Beton ausgeführten – Kunstwerke gingen, verband er diese optisch miteinander und spannte einen künstlerisch motivierten Raum auf, der der Kommunikation des Passanten dienen sollte. Seine großformatigen Stadtraumgestaltungen, die er als „Stadtikonographien“ betitelte, zeichneten sich ab den 1970er Jahren durch einfache geometrische Formen und die Beschränkung auf die Grundfarben aus.
Otto Herbert Hajek wurde 1980 an die Kunstakademie Karlsruhe (Öffnet in einem neuen Tab) berufen. Ehrendoktorwürden, Verdienstmedaillen und Ehrenbürgerwürden machen seinen steten Einsatz für einen länderübergreifenden Dialog, auch mit den damaligen Ostblockstaaten, deutlich. Zwischen 1972 und 1979 ist Otto Herbert Hajek Vorsitzender des Deutschen Künstlerbundes (Öffnet in einem neuen Tab)- (Öffnet in einem neuen Tab) als solcher setzte er entscheidende kulturpolitische Impulse. So geht beispielsweise die Einrichtung der Künstlersozialkasse (Öffnet in einem neuen Tab) auf ihn zurück.
Im Jahr 2003 initiierte der Künstler die Otto Herbert Hajek-Stiftung der Stadt Stuttgart (Öffnet in einem neuen Tab), die seitdem neben der Hajek-Stiftung der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG (Öffnet in einem neuen Tab), dem Deutschen Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum (Öffnet in einem neuen Tab) und dem SAAI|Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau am KIT (Öffnet in einem neuen Tab) den Nachlass des Künstlers betreut.
Ausgewählte Werke im öffentlichen Raum in Stuttgart
Die Große Sitzende (1953) markiert einen Wendepunkt in Hajeks Œuvre, denn sie ist eine der letzten Skulpturen, die eine deutliche Nähe zur Formensprache Henry Moores aufweisen; ab 1954 folgen dann Kunstwerke im Stil des Informel. Künstlerisches Schaffen war für Hajek mit einem Bildungsanspruch verbunden. Zahlreiche Kunstwerke für Schulen und Universitäten legen davon eindrücklich Zeugnis ab. In Stuttgart ist in diesem Zusammenhang neben der Großen Sitzenden an der Gewerblichen Schule die Durchmodellierung des NWZ-Gebäudes (Naturwissenschaftliches Zentrum, Physik) auf dem Universitätsgelände in Stuttgart-Vaihingen (1970-74) zu erwähnen.
Bei der Freiplastik "Durchbrochene Fläche im Raum" an der Liederhalle handelt es sich um Hajeks erste abstrakte Freiplastik. Sie markiert den Beginn seiner Auseinandersetzung mit dem Raum, den eine Plastik einnimmt und künstlerisch markiert. In ihrer Nachfolge entstehen Ende der 1950er Jahre seine Raumknoten, stark aufgebrochenen, raumgreifende, gänzlich abstrakte Objekte, die bereits den Weg in den urbanen Außenraum weisen.
Das Große Relief ist uneinschränkt dem Informel zuzuordnen, wobei es ausweislich des beigeordneten Titels Großes Raumrelief Hajek darum geht, den vom Kunstwerk eingenommenen Raum durch die Schichtung von Betonplatten unterschiedlicher Dimensionen, die verschieden weit aus der Wand auskragen, als plastische Größe erfahrbar zu machen. Ausgangspunkt seiner Beschäftigung mit dem Raum war die Landschaft bzw. die Natur; insofern erscheint der Standort am Eingang des Waldfriedhofs, an dem sich das Kunstwerk seit 2008 befindet, aufgrund von dessen Lage im Degerlocher Wald als ausgesprochen passend.
In dieser Kirche sind die beiden Kunstwerke Hajeks nicht Alleinstellungsmerkmal, sondern Teil eines durch verschiedene Künstler realisierten Ausstattungskonzepts: Über dem Hauptportal der Sichtbetonkirche befindet sich das Bildrelief Hajeks; links neben den Kirchentüren das von ihm ebenfalls geschaffene Bruder-Klaus-Zeichen. Betrachtet man die Arbeiten, die Hajek für die Katholische Kirche geschaffen hat, so zeugen das geometrische Betonrelief und das portalhohe Erinnerungszeichen für den Schweizer Eremiten Nikolaus von Flüe (1417-1487) bereits von einer gewandelten Formensprache, mit der es den Künstler ab den 1970er Jahren aus dem Kirchen- in den öffentlichen Raum drängte.
Die hochrechteckige Betonplastik markiert den Eingang zum Skulpturenpark an der Hasenbergsteige. Charakteristisch ab den 1970er Jahren war die Verwendung von geometrischen Grundformen – hier der Rhombe. Hajek setzte sie auch innerhalb seiner Stadtraumgestaltungen, den „Stadtikonographien“, als seriell auftretendes Strukturierungselement ein, sie konnte aber auch als Verbindungselement von innen nach außen fungieren. Das auch im Titel der Stuttgarter Großplastik eingesetzte Adjektiv „multipel“ verweist auf die wiederkehrende Verwendung der Form, die in Hajeks Gesamtwerk in unterschiedlicher Farbigkeit auftritt.
Die Plastik Stadtzeichen 69/74 wurde 1969 anlässlich der Ausstellung Platzmal aufgestellt, mit der die Galerie der Stadt Stuttgart Otto Herbert Hajek in einer Einzelausstellung präsentierte. Der Kleine Schlossplatz, auf dem das Stadtzeichen 69/74 zusammen mit weiteren Kunstwerken Hajeks und verbunden über eine den gesamten Platz überziehende Farbfassung aufgestellt wurde, wandelte sich vom Verkehrsbauwerk (Tunnel) zum Kunstort an zentraler innerstädtischer Stelle. Dort konnte Hajek seine Gedanken einer „begehbaren Plastik“ einer größeren Öffentlichkeit vorstellen. 2002 wurde das Stadtzeichen 69/74 an seinen heutigen Standort an der Theodor-Heuss-Straße versetzt.
Mit der Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Architekturbüro Geier + Geier setzte Hajek der am Ort des Kurbads nachgewiesenen Badekultur der Römer ein lebendiges Denkmal. Das komplette Leuzebad inklusive seiner Umgebung sind im Inneren und bereits beim sich Nähern deutlich von Hajeks Kunstwerken geprägt. Eine Freiplastik und Stelen, die Umdefinition des Abluftschachts in eine Plastik, Wandreliefs und farbige Fliesen, die auch vor den Schwimmbecken nicht Halt machen, zeugen von Hajeks Willen, den Besucher im Wortsinn in Kunst baden zu lassen.
Mit drei Freiplastiken bzw. Kunstwerksgruppen und einer – geplanten, nicht realisierten – Brunnenskulptur wollte Hajek die Zentrale der Sparda-Bank allseitig erfahrbar machen. Vergleichbar seinen frühen Raumknoten sollte sich die Raumerfahrung für den Betrachter durch die Umrundung des Gebäudes erschließen; dem Brunnen wäre dabei die Funktion, Kommunikation zu stiften, zugefallen. Zeichen ortieren Orte, so der Titel dieses mehrteiligen Kunstwerks, meint die Steigerung des Orts an zentraler innerstädtischer Stelle: Einerseits werden die Plastiken und das Bodenmosaik im Umraum verortet, andererseits heben sie sich aus ihm hervor und vermitteln dadurch Qualitäten, über die sich austauschen lässt – der Platz als Kommunikationsort. Diesen Anspruch löst Hajek bei der letzten seiner Stadtikonographien neuerlich ein.
O. H. Hajek Kunststiftung
Die O. H. Hajek-Kunststiftung (Öffnet in einem neuen Tab) wurde 2003 von Otto Herbert Hajek als nicht rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet. Sie hat ihren Sitz in der Landeshauptstadt und wird von der Stadt Stuttgart verwaltet. Zweck der Stiftung ist die Erhaltung, Pflege und Präsentation der vom Stifter in die Stiftung eingebrachten Kunstwerke.
Dr. Tobias Wall
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