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Landeshauptstadt Stuttgart

Presse

Ehemaliger Bürgermeister Hansmartin Bruckmann gestorben

Der ehemalige Baubürgermeister Professor Hansmartin Bruckmann ist am 9. Juni im Alter von 82 Jahren gestorben. Er war von 1967 bis zu seiner Verabschiedung in den Ruhestand 1996 für die Landeshauptstadt Stuttgart tätig.

Bruckmann setzte Maßstäbe für die Erneuerung und Revitalisierung alter Ortskerne in den Stadtbezirken, die Planung unter ökologischen Aspekten, die Realisierung wichtiger Straßenbauprojekte und den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs.

Bei der Verabschiedung 1996 würdigte Alt-Oberbürgermeister Manfred Rommel Professor Bruckmann mit den Worten: "Sie waren für Stuttgart der Richtige, denn es ist nicht einfach in dieser Stadt zu bauen, zumindest unkritisiert."

Zweimal mit großer Mehrheit wiedergewählt

Hansmartin Bruckmann wurde 1931 in Stuttgart geboren. Er studierte Architektur und Stadtplanung an der Technischen Hochschule Stuttgart und gründete 1964 das Städtebauliche Institut an der Universität Stuttgart. Von 1970 an lehrte er als ordentlicher Professor für Stadtplanung an der Technischen Universität Braunschweig. Seine Tätigkeit für die Stadt Stuttgart begann er 1967 als Referatsmitarbeiter bei Baubürgermeister Professor Christian Farenholtz. Im Anschluss an seine Lehrtätigkeit in Braunschweig wurde Professor Bruckmann 1973 vom Gemeinderat zum Baubürgermeister gewählt und trat am 1. Januar 1974 sein Amt an. Zweimal - 1981 und 1989 - wurde er mit großer Mehrheit wiedergewählt. In seiner Zuständigkeit lagen die Referatsabteilung Regionalplanung, das Stadtplanungsamt, das Baurechtsamt und das Amt für Bodenordnung (ab 1978 Amt für Stadterneuerung).

Weg von der autogerechten Stadt

Bruckmann erkannte früh, dass Stadtplanung am Ende der Wiederaufbauphase - markiert durch die erste Ölkrise 1973 - neu gedacht und konzipiert werden musste. Die Vorstellung einer expandierenden und autogerechten Stadt erschien als Leitbild für eine verantwortbare Stadtplanung nicht länger vertretbar. Sein Handeln orientierte sich an neuen Zielen: Stadtplanung in überschaubaren und finanzierbaren Schritten, Offenhalten von Möglichkeiten, Schutz der Landschaft und Verbesserung der Bedingungen für das Wohnen in der Stadt in Konkurrenz zum wachsenden Speckgürtel im Umland. Im Hinblick auf die veränderten Zeitumstände musste er während seiner Amtszeit in allen Bereichen der kommunalen Planungshoheit, wie der Flächennutzungsplanung, Stadterneuerung, Verkehrsplanung und Landschaftsplanung, Mehrheiten für noch unpopuläre Ziele im Gemeinderat finden.

Signal zu "Wohnen in der Stadt"

Bruckmanns Einstellung war stets: "Man darf den Bürgern nichts aufzwingen, sondern muss ein Vorhaben verständlich machen." Den Paradigmenwechsel in der Stadtentwicklung zeigen besonders deutlich die Geschichte des Bohnenviertels und der Calwer Straße: Über drei Jahrzehnte hatte die Stadt Grundstücke im Bohnenviertel gekauft, um dort Anfang der 1970er-Jahre ein neues Technisches Rathaus errichten. Der städtebauliche Wettbewerb für den Abriss und die Neubebauung des gesamten Quartiers war bereits entschieden.

Gegen großen Widerstand erreichte Bruckmann eine Kehrtwende als politisches Signal für das "Wohnen in der Stadt": Die für Büros in zentraler Lage teuer erworbenen Grundstücke wurden zu einem Preis von 180 D-Mark pro Quadratmeter für das Wohnen bereitgestellt. Statt der Kahlschlagsanierung wurden einzelne Gebäude nun behutsam renoviert. Bruckmann betonte, dass es "eine unmögliche Vorstellung geworden sei, das Bohnenviertel platt zu machen. Diese Zeit ist vorbei."

Große Neubaugebiete in den Randbezirken

Im Projekt Calwer Straße/Calwer Passage gelang es, Denkmalschutz und moderne Architektur sinnvoll zu verknüpfen. Bruckmanns Verhandlungsgeschick war es zu verdanken, dass ein Investor gefunden wurde, der es wagte, die einzige von Bomben verschonte historische Häuserzeile in der Innenstadt beispielhaft zu sanieren.

Außer den genannten Innenstadtprojekten wurden in seiner Amtszeit die letzten großen Neubaugebiete in den Randbezirken realisiert. Insgesamt entstanden in seiner Zeit 51 384 neue Wohnungen, und 15 Milliarden Euro wurden in gewerbliche Projekte investiert, aber auch 1800 Hektar Freiflächen unter Landschaftsschutz gestellt.

Wahrer Gentlemen

Der letzte Abschnitt seiner Amtszeit wurde durch eine unvorhergesehene Herausforderung bestimmt. Mit der Wende kamen nach 1989 plötzlich tausende wohnungssuchende Menschen in die Region. Gleichzeitig wurden in Stuttgart Militärflächen am Burgholzhof und beim US-Hospital in Bad Cannstatt freigegeben und für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt. Auf den Flächen des Bundes beim Viesenhäuser Hof wurde an der Gemarkungsgrenze zu Kornwestheim ein neuer Stadtteil für 10 000 Einwohner geplant. Mitten in die Abstimmungsphase fiel 1994 die Entscheidung für das Bahnprojekt Stuttgart 21. Bruckmann leitete bis zum Ende seiner Amtszeit im November 1996 die Grundlagenarbeit für das "Städtebauprojekt Stuttgart 21".

Anlässlich des 80. Geburtstags seines Vorgängers sprach Baubürgermeister Matthias Hahn in seiner Laudatio für Hansmartin Bruckmann von einem "wahren Gentleman".

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