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Landeshauptstadt Stuttgart

Presse

Gerda-Taro-Platz nach Umgestaltung eingeweiht

Oberbürgermeister Fritz Kuhn, die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, Veronika Kienzle, und der Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts, Volker Schirner, haben am Dienstag, 18. November, den neu gestalteten Gerda-Taro-Platz an der Ecke Hohenheimer- und Alexanderstraße eingeweiht.

"Wir ehren mit dem neu gestalteten Platz eine lange Zeit zu Unrecht vergessene Frau, die, von den Nationalsozialisten verfolgt, aktiv und mutig gegen den Faschismus kämpfte. Ihre Waffe war nicht das Gewehr, sondern der Fotoapparat, mit dem sie dem Kampf der republikanischen Seite im spanischen Bürgerkrieg eine breite Öffentlichkeit in aller Welt verschaffte", sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn.

Die in Stuttgart geborene Gerda Taro ging als Frau und als Fotografin neue Wege. Sie gilt als wegweisende Pionierin der Fotografie und steht am Beginn der modernen Kriegsfotografie des 20. Jahrhunderts. Sie war die erste Frau, die mitten im Kampfgeschehen fotografierte, ihr Tod war der erste Todesfall während einer Kriegs­reportage. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet sie in Vergessenheit, viele ihrer Fotos wurden ihrem berühmt gewordenen Lebenspartner Robert Capa zugeschrieben.

Auf dem umgestalteten Platz wurden neun Stelen errichtet, auf die verteilt der Name Gerda Taro steht. Texttafeln informieren über das Leben und Werk der Kriegs­fotografin. Zwei neue Ahornbäume ersetzen zwei geschädigte Exemplare. Bei der Gestaltung des Platzes wurden die Wege neu angelegt, die Baumbeete wurden mit Betonelementen und darauf angebrachten Sitzgelegenheiten neu eingefasst. Auf dem Platz steht eine Skulptur des Bildhauers Erich Hauser, die in die Gestaltung integriert wurde. Das Projekt wurde über die Stadtentwicklungspauschale beim Stadtplanungsamt initiiert und vom Garten-, Friedhofs- und Forstamtes in Kooperation mit dem Tiefbauamt ausgeführt. Die Baukosten liegen bei zirka
280.000 Euro, Bauzeit war von Ende Juni 2014 bis Ende August. Der kleine Grünbereich war 2008 nach der Fotografin benannt worden.


Das Leben Gerda Taros

Bei der Veranstaltung sprach die Kulturwissenschaftlerin Irme Schaber über Leben, Werk und Bedeutung der Fotografin Gerda Taro. Schaber begann in 1990er-Jahren mit ihren aufwendigen Nachforschungen, recherchierte in Archiven in Deutschland, Frankreich, Spanien und den USA und sprach mit Zeitzeugen. Ihre Arbeit führte dazu, dass das fotografische Werk Gerda Taros erforscht und im Jahr 2007 die erste umfassende Retrospektive gezeigt wurde. Im vergangenen Jahr veröffentlichte Irme Schaber die rund 250 Seiten starke großformatige Biografie "Gerda Taro. Fotoreporterin", die vom Pro Stuttgart Verkehrsverein unterstützt wurde.

Gerda Taro hieß mit bürgerlichem Namen Gerta Pohorylle und wurde am 1. August 1910 in Stuttgart geboren. Ihre Eltern, jüdische Einwanderer aus Ostgalizien, wohnten in der Alexanderstraße 170A und betrieben mit Verwandten einen Eiergroßhandel. Die junge Gerta besuchte in Stuttgart die Königin-Charlotte-Realschule und die Höhere Handelsschule. Im Mai und Juni 1929 bot ihr die internationale Ausstellung "Film und Foto" des Deutschen Werkbundes in Stuttgart einen Einstieg in die Bilderwelt des "Neuen Sehens" und modernen fotografischen Schaffens. Im August zog die Familie nach Leipzig um.

Hier erwuchs in Gerta ihr politisches Interesse. Freunde, Mitglieder der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands, engagierten sich im Widerstand gegen die Nationalsozialisten, Gerta beteiligte sich an Flugblattaktionen. Im März 1933 wurde sie von der SA verhaftet, im April wieder freigelassen.

Über Stuttgart floh sie nach Paris, wo sie sich mit Jobs und als Fotomodell durchschlug und politische Schulungen besuchte. Sie lernte den ungarischen Fotografen André Friedmann kennen und lieben und begann selbst mit dem Fotografieren. Um bei französischen Redakteuren ihre Fotos besser verkaufen zu können, legten sie sich die Pseudonyme Robert Capa und Gerda Taro zu. Dieser Versuch einer besseren Vermarktung hatte eine wichtige Bedeutung: Die Markenzeichen für ihre heute weltbekannte fotografische Arbeit waren damit geschaffen, und sie emanzipierten sich mit den neuen Namen und einer neuen Vita auch vom demütigenden Leben als Vertriebene, wie die Biografin feststellt.

Nachdem 1936 General Franco in Spanien durch einen Militärputsch an die Macht gekommen war, reisten Taro und Capa nach Barcelona und fotografierten den Bürgerkrieg auf der Seite der republikanischen Milizen. "Mit ihren Bildern wollten sie aufrütteln, aufklären und öffentlichen Druck auf die Regierungen der westlichen Allianz erzeugen", schreibt Irme Schaber. Mit ihren Fotos prägten die beiden das Bild des spanischen Bürgerkriegs und schrieben ein Stück Geschichte in der Kriegsberichterstattung.

Während eines Luftangriffs der "Legion Condor" starb Gerda Taro am 26. Juli 1937. Sie wurde von einem Panzer der republikanischen Armee überrollt. Der Trauerzug zu ihrer Beerdigung in Paris, zu dem sich Zehntausende versammelten, war auch eine politische Demonstration. Es war der 1. August 1937 - der Tag, an dem sie 27 Jahre alt geworden wäre.

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