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Presse

Die Stadt Stuttgart vergibt das Hannsmann-Poethen-Literaturstipendium 2022

Für ihr transdisziplinäres Projekt Electrical Jungles erhalten die Autorin Kinga Tóth und die Komponistin Silvia Rosani das Hannsmann-Poethen-Literaturstipendium der Stadt Stuttgart 2022.

Eine Fachjury entschied über die Vergabe des spartenübergreifenden Stipendiums an die beiden Künstlerinnen in ihrer Sitzung am 4. Oktober. Um das Stipendium hatten sich 40 Künstlerinnen- und Künstler-Tandems beworben.

Während des Stipendiums beschäftigen sich Kinga Tóth und Silvia Rosani mit feministischen Reaktionen auf männlich dominierte Gesellschaftsstrukturen. Dabei setzen sie sich mit dem weiblichen Körper auseinander und damit, wie nonverbale weibliche Kommunikation digital dargestellt werden kann. Silvia Rosani und Kinga Tóth werden sich von Januar bis April 2022 in Stuttgart aufhalten, im GEDOK-Haus wohnen und arbeiten.

Das Hannsmann-Poethen Literaturstipendium wird im zweijährigen Turnus an ein Künstlerinnen- und Künstler-Tandem vergeben. Es umfasst einen Förderbetrag von 15.000 Euro, die Mietkosten für den dreimonatigen Aufenthalt in Stuttgart sowie einen Zuschuss zum Projektbudget in Höhe von maximal 9.000 Euro.

Als stimmberechtigte Jurorinnen und Juroren nahmen an der Sitzung zur Vergabe teil: Christine Fischer (Intendanz Musik der Jahrhunderte, Leitung des Festivals Eclat), Martina Grohmann (Intendanz Theater Rampe), Julian Warner (Künstlerische Leitung Kulturregion 2022) Tobias Wengert (Veranstaltungskonzeption im Bereich Literatur, Interkultur, Gesellschaftspolitik der Stadtbibliothek Stuttgart) sowie Jan Stohr als Vertreter der Abteilung Kulturförderung im Kulturamt.

Projektvorhaben

In ihrem Projekt Electric Jungles reagieren Kinga Tóth und Silvia Rosani mit den Mitteln der Kunst auf männlich dominierte Gesellschaftsstrukturen. Während ihres Stipendiums beschäftigen sich die beiden aus feministischer Perspektive mit dem weiblichen Körper in seiner Verbindung zur Natur sowie mit weiblicher Kommunikation im Kontext von digitalen Strukturen.

Grundlage des transdisziplinären Projekts ist zum einen das Gedicht „Maurersfrau“, das Kinga Tóth schrieb, als das ungarische Parlament die Istanbul-Konvention des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen nicht ratifizierte, zum anderen die feministische Theorie von Rosi Braidotti. Die Künstlerinnen streben im Rahmen ihres Stipendiums eine interaktive Installation an, die Gegenstand einer Performance-Reihe sein wird. In einem stilisierten Haus, dessen Geräte von einer von Silvia Rosani entwickelten App gesteuert werden, erfahren Besucherinnen und Besucher Fremdeinwirkung, Hierarchie sowie Gefühle der Ohnmacht. Die Szenerie wird durch „organlose Frauen“ der visuellen Künstlerin Szabina Péters ergänzt, im Sinne einer grundsätzlichen Offenheit für jegliche Zusammenschlüsse mit anderen Frauen oder Naturelementen.

Weitere geplante Formate sind monatliche Radiosendungen mit Stuttgarter Künstlerinnen zu deren künstlerischer Arbeit und Bezugnahme auf Themen wie häusliche Gewalt, Geschlechtergerechtigkeit und soziale Nachhaltigkeit. Außerdem werden Silvia Rosani und Kinga Tóth thematisch anknüpfende Workshops für junge Künstlerinnen und Künstler durchführen, bei denen einige technologische Hilfsmittel für die Bereiche Performance, Sound und Schreiben vorgestellt werden.

Begründung der Jury

„Silvia Rosani und Kinga Tóth setzen sich in ihrem Projekt mit einem drängenden europäischen Thema auseinander – patriarchale und chauvinistisch geprägte Gesellschaften − und machen zugleich die eigenständige und subtile Kraft der Kunst erlebbar“, so die Begründung der Jury für ihre Entscheidung. „Die Künstlerinnen verbindet seit einigen Jahren eine regelmäßige Zusammenarbeit. In ihren Arbeiten behandeln sie stets kritisch und differenziert gesellschaftlich hochrelevante Themen. Die hybride, experimentelle Performance-Installation der Künstlerinnen nutzt digitale Technologien, um die Ambivalenz des Stoffes immersiv erlebbar zu machen. Sie verbindet das anwesende Publikum mit Menschen, die durch eine App von jedem Ort der Welt aus in das Werk eingreifen können. Themen wie Fremdbestimmung und Ausgeliefertsein sind so unmittelbar erfahrbar.“

Die Stipendiatinnen

Kinga Tóth, geboren in Sárvár, Ungarn, schreibt und veröffentlicht Kurzgeschichten, Gedichte und Theaterstücke in deutscher, englischer und ungarischer Sprache. Sie ist Musikerin, Sängerin, Bild- und Klangpoetin und präsentiert ihre Arbeiten in internationalen Performances, Ausstellungen und Installationen. Sie ist zudem als Philologin und Lehrerin tätig, arbeitete als Journalistin und Redakteurin für Kunstmagazine und organisierte verschiedene Kulturprogramme. Für ihre intermediale Kunst- und Literaturarbeit erhielt sie 2020 den Hugo-Ball-Förderpreis und den Bernard-Heidsieck-Literaturpreis für ihr performatives-literarisches Werk. 2021 ist Kinga Tóth Gastkünstlerin in der Villa Waldberta. Mehr Informationen zu Kinga Tóth finden sich unter  www.kingatoth.com (Öffnet in einem neuen Tab).

Silvia Rosani, geboren in Mailand, ist Komponistin. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit Musiktechnologie, der Beziehung zwischen Klang und Text und innovativen Wegen, um das Publikum im Rahmen von weniger hierarchischen Veranstaltungen zu beteiligen. Sie hat in Udine bei Renato Miani und an der Universität Mozarteum Salzburg bei Reinhard Febel Komposition studiert. Sie promovierte an der Goldsmiths Universität London, wo sie auch Komposition unterrichtete. Zudem studierte sie Elektronisches Ingenieurwesen in Triest. Ihre Stücke werden von verschiedenen Ensembles auf internationaler Ebene gespielt. Zurzeit unterrichtet sie Elektroakustische Musikkomposition am Staatlichen Konservatorium für Musik in Benevento. Mehr zu Silvia Rosani gibt es online unter  https://silviarosani.webs.com/ (Öffnet in einem neuen Tab).

Weitere Informationen sind unter  www.stuttgart.de/hannsmann-poethen-literaturstipendium (Öffnet in einem neuen Tab) zu finden.

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