Städte üben auf viele Menschen eine starke Anziehung aus: Sie bieten attraktive Arbeitsplätze, eine hohe Lebensqualität und eine gute öffentliche Infrastruktur. Bis voraussichtlich 2050 wird in Europa mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Städten leben. Wanderbewegungen durch den Zuzug aus ländlichen Regionen werden die Herausforderungen einer nachhaltigen Stadtentwicklung weiter verschärfen. Urbane Digitale Zwillinge gewinnen deshalb immer mehr an Bedeutung, um kommunale Herausforderungen wie nachhaltige Mobilität, Stadtentwicklung, Immobilienmarkt, Wohnungsknappheit, Klimawandel und Energiewende zu meistern.
Digitales Stadtmodell
Urbane Digitale Zwillinge sind laut dem Deutschen Institut für Normung system- und nutzergruppenübergreifende digitale Abbildungen der kommunalen Realität mit einem systematischem Realitätsabgleich (DIN SPEC 91607). Die Wissenschaft definiert Digitale Zwillinge als digitale Repräsentanz von materiellen oder immateriellen Objekten aus der realen Welt. Alle UDZ sind über Sensoren und Datenströme mit der realen Welt verbunden.
Auf die Smart City übertragen sind Digitale Zwillinge interaktive Weiterentwicklungen von 3D-Stadtmodellen. UDZ bündeln vielfältige Daten zu einem realitätsnahen, digitalen Abbild der Stadt. Neben Objekten wie Gebäuden und Straßen können sie auch Mobilitätsströme, Treibhausgasemissionen oder soziale Interaktionen abbilden. Auf diese Weise erlauben sie, die Ist-Situation detailliert zu analysieren oder Entwicklungen und Maßnahmen zu simulieren.
Digitale und smarte Städte fördern
Digitale Zwillinge entwickeln sich zu einer immer wichtigeren Methode für digitale und smarte Städte. Weltweit beschäftigen sich Institutionen und Normierungsgremien wie das Deutsche Institut für Normung (DIN) und die International Organization for Standardization (ISO) mit der Entwicklung und dem Einsatz Urbaner Digitaler Zwillinge. Die 2024 veröffentlichte Normierung „Digitaler Zwilling für Städte und Kommunen“ (DIN SPEC 91607) beinhaltet wichtige Impulse und Leitlinien für Städte in ganz Deutschland. Auch der Deutsche Städtetag, die Verwaltungen von Bund und Ländern und die Europäische Union treiben die Entwicklung des Ansatzes engagiert voran. Damit entwickeln sich Urbane Digitale Zwillinge zu einem zentralen Baustein für eine datengestützte, transparente und nachhaltige Stadtentwicklung.
Digitale Zwillinge für die Smart City Stuttgart
Die Entwicklung und Vernetzung Urbaner Digitaler Zwillinge (UDZ) ist ein wichtiger Baustein für die Smart City Strategie der Landeshauptstadt Stuttgart. In der Praxis werden einem urbanen digitalen Modell aus Gebäuden, Straßenzügen und ganzen Stadtquartieren Daten aus unterschiedlichen Quellen nach und nach hinzugefügt. Ziel ist es, dass der Digitale Zwilling aktuelle Informationen und Prognosen liefert und zur Grundlage für Entscheidungen wird.
Allerdings kann der Digitale Zwilling nicht alle Prozesse einschließen, die ein komplexes Gebilde wie eine Stadt ausmachen - hier stößt die Entwicklung eines genauen und aktuellen Abbilds an Grenzen. Auch ein hochauflösendes virtuelles 3D-Modell, das in (naher) Echtzeit Verkehrs- oder Energieflüsse integriert, kann nicht alle sozialen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Aktivitäten abbilden.
Da eine Stadt als System zahlreiche Aspekte ausmachen, wird der Urbane Digitale Zwilling nicht mehr als ein Modell. Für die digitale Abbildung einer Kommune kann deshalb nicht nur ein Zwilling entwickelt werden: Vielmehr entstehen in Zukunft unterschiedliche fachliche oder sektorale Zwillinge, die sich laufend weiterentwickeln. Entscheidend ist, dass diese fachlichen Zwillinge koordiniert entwickelt werden, ähnlich aufgebaut sind und auf übergreifenden und offenen Standards basieren.
Aktuelle Projekte
Jeden Tag bewältigt die Stadt ein enormes und ständig wachsendes Verkehrsaufkommen. Zugleich muss sie die hohe Lebensqualität der Bevölkerung bewahren und die mit dem Verkehrsaufkommen verbundenen Umweltbelastungen geringhalten. Mithilfe der vom Bund geförderten Maßnahme "Digitaler Zwilling Mobilität und Umwelt" wurde die bestehende Informationsgrundlage der Stadt auf ein neues Niveau gehoben. Der Digitale Zwilling fokussiert hier auf die Vernetzung der bestehenden Systeme und Datenbestände, auf die Schließung von Datenlücken und auf die anforderungsgerechte Bereitstellung von Daten und Diensten. Damit entsteht eine verbesserte Grundlage für die Steuerung und Optimierung der städtischen Verkehrs‐ und Umweltsysteme.
Die einzelnen Ämter der Stuttgarter Stadtverwaltung stellen unterschiedliche Anforderungen an den Aufbau weiterer sektoraler Zwillinge. Beispiele sind die Entwicklung eines Digitalen Zwillings zum Stadtklima, für den Immobilienmarkt oder das Stadtentwicklungsprojekt Stuttgart Rosenstein. Eine wesentliche Aufgabe ergibt sich hier in der übergreifenden Koordination der Projekte und in der Abstimmung mit der Smart City Stuttgart.
Mit dem Urbanen Digitalen Zwilling besitzt die Landeshauptstadt Stuttgart ein Instrument für eine datengestützte, transparente und nachhaltige Stadtentwicklung. Die Qualität der Entscheidungsgrundlagen innerhalb der Verwaltung, für die Verwaltungsspitze und die politische Ebene wird enorm verbessert.
Weitere Informationen
- Digitaler Zwilling Deutschland (Öffnet in einem neuen Tab)
- Was-Wäre-Wenn? – Wie Digitale Stadtzwillinge helfen, die urbane Zukunft zu gestalten. (Öffnet in einem neuen Tab)
- Potenziale von digitalen Zwillingen in der Stadtentwicklung (Öffnet in einem neuen Tab)
- Potenziale des „Digitalen Zwillings” für eine nachhaltige und klimaangepasste Stadtentwicklung (Öffnet in einem neuen Tab)
- Digitale Zwillinge für Städte und Kommunen (Öffnet in einem neuen Tab)
- Urbane Digitale Zwillinge. Eine Stadt sehen, verstehen und lebenswert gestalten. (Öffnet in einem neuen Tab)
- Der Digitale Zwilling für Smart Cities – zwischen Erwartungen und Herausforderungen (Öffnet in einem neuen Tab)