Wer von Armut betroffen ist, erlebt die aktuellen Krisen als zusätzliche Belastung. Die Folgen der Corona-Pandemie haben die Situation vieler armer Menschen in Deutschland verschärft. Steigende Energiepreise, anhaltende Inflation und hohe Mieten machen ihnen das Leben noch schwerer. Die allgemeine Entwicklung bringt auch Menschen in Not, die bisher nicht armutsgefährdet waren.
Nach Angaben von Sozialverbänden und Forschungsinstituten müssen heute mehr Haushalte denn je bei den Grundbedürfnissen sparen und stark auf die Ausgaben achten. Rücklagen für Notfälle sind kaum möglich. Auch im wohlhabenden Stuttgart haben heute mehr Menschen wirtschaftliche Sorgen. Vor allem einkommensschwache Haushalte sind belastet, stoßen an ihre Grenzen und brauchen Unterstützung. Das zeigen Rückmeldungen der Liga der Wohlfahrtspflege Stuttgart und zivilgesellschaftlicher Initiativen in der Landeshauptstadt.
Weil ihr jeweiliges Einkommen nicht reichte, waren im Jahr 2020 mehr als 50.000 Stuttgarterinnen und Stuttgarter auf Sozialleistungen angewiesen. Was auf den ersten Blick persönliche Schicksale sind, betrifft die Stadtgesellschaft. Denn Armut grenzt aus und erschwert die Teilhabe am täglichen Leben. Sie kann die Gesellschaft spalten, den Zusammenhalt schwächen und letztlich die Demokratie gefährden.
Stuttgarter Armutskonferenz 2023
Vor diesem Hintergrund lädt die Landeshauptstadt am 9. Mai 2023 zur 4. Stuttgarter Armutskonferenz - „Armut erkennen, lindern und Chancen eröffnen“. Die Konferenz organisiert die Stadt Stuttgart gemeinsam mit der Liga der Wohlfahrtspflege Stuttgart. Es werden rund 400 Teilnehmende erwartet, darunter Armutsbetroffene, Fachexpert*innen, Politiker*innen und Wissenschaftler*innen.
In sechs Foren an verschiedenen Orten erarbeiten die Teilnehmenden ab 9 Uhr gemeinsam Handlungsstrategien gegen Ausgrenzung in Stuttgart. Wie lässt sich Armut in der Landeshauptstadt noch besser bekämpfen? An welchen Stellschrauben muss hierfür gedreht werden? Wie kann die Stadtgesellschaft Betroffene bestmöglich unterstützen? Und was können Bund und Länder anders gestalten?
Ab 12 Uhr findet die zentrale Veranstaltung im Stuttgarter Rathaus statt. Sie wird eingeleitet durch eine Videobotschaft von Bundesminister Cem Özdemir und einführenden Worten der Sozialbürgermeisterin Dr. Alexandra Sußmann sowie Pfarrer Klaus Käpplinger, Sprecher des Vorstands der Liga der Wohlfahrtspflege Stuttgart.
Vorträge
Ergänzt werden die Erkenntnisse des Vormittags durch einen Vortrag zu den Folgen von Armut von Dr. Dorothee Spannagel vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung. Präsentiert werden zudem neue Stuttgarter Daten zur Armut und Armutsverteilung in der Stadt - auch im Rahmen der Umsetzung der UN-Agenda 2030.
Abschließend werden in einem Podiumsgespräch neue Wege für die Armutsbekämpfung in Stuttgart entwickelt. Ziel ist eine bessere Vernetzung unterschiedlicher Initiativen und eine nachhaltige Struktur der Armutsbekämpfung, die übergreifend Veränderungsprozesse in der Stadtgesellschaft begleitet. Die Handlungsempfehlungen der Armutskonferenz werden in einem Bericht festgehalten.
Sechs Foren an verschiedenen Orten
Die Folge von Armut ist ein Mangel an Teilhabe, oft in unterschiedlichen Bereichen gleichzeitig. Gerade hier können Kommunen mit ihrem Maßnahmen ansetzen, weil Armut vor Ort sichtbar wird. Für die Stuttgarter Armutskonferenz wurden die Themen anhand von Daten über die soziale Situation in den Stadtbezirken ausgewählt. Die sechs Foren finden am 9. Mai 2023 in der Zeit von 9 bis 11 Uhr an verschiedenen Orten in Stuttgart statt. Die Anmeldung ist bereits abgeschlossen.
Forum 1: Wohnen und Wohnraumversorgung
Forum 2: Soziale und kulturelle Teilhabe
Forum 3: Aufwachsen in Armut
Forum 4: Arbeit - Weiterentwicklung der Arbeitsgelegenheiten
Forum 5: Gesundheit - Nur nicht krank werden
Forum 6: Gesundes und nachhaltiges Essen für alle
Hintergrund: Was ist Armut?
Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt. Dennoch gelten viele Menschen hierzulande als arm, weil sie sich Dinge, die als „normal“ gelten, nicht leisten können. Diese Armut hat im Alltag viele Facetten: Zum Beispiel fehlt das Geld für den Schulausflug der Kinder. Die neue Waschmaschine ist zu teuer. Oder das Geld reicht nicht für gesunde Lebensmittel. Es wird schwieriger, die Miete zu zahlen. Und der Urlaub am Mittelmeer liegt in weiter Ferne. Wer in Armut lebt, hat keine Wahl.