In einer heutigen öffentlichen Sitzung des Gemeinderatsausschusses informierten Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper und das Grundsatzreferat über die aktualisierte Ausbauplanung der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB). Zwar müssen die Maßnahmen aufgrund der aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen modifiziert werden, dennoch soll der Ausbau des ÖPNV fortgesetzt werden – wenn auch in angepasstem Tempo.
Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper„Wir müssen nunmehr leider auch beim ÖPNV auf die Kostenbremse treten. Wegen der schwierigen Haushaltslage schlagen wir aber vor, weniger als bisher geplant für den ÖPNV auszugeben. Diese im Vergleich zu anderen Großstädten sehr maßvolle und sehr moderate Kostenreduktion zeigt, wie hoch der Stellenwert des ÖPNV aus unserer Sicht ist.“
Die SSB sieht sich in den kommenden Jahren mit erheblich steigenden Ausgaben konfrontiert. Gründe dafür sind unter anderem tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszeitverkürzungen, steigende Investitionen in Infrastruktur und Fahrzeuge sowie der Ausbau des Angebots und höhere Kosten im Bereich Klimaschutz. Ohne dynamisch wachsende Einnahmen durch Bund und Länder rechnet die Stadt mit einem Anstieg des jährlichen Defizits der SSB auf über 200 Millionen Euro.
Der Oberbürgermeister, der zugleich stellvertretender Präsident des Deutschen Städtetags ist, fordert Bund und Länder daher auf, ihrer finanziellen Verantwortung nachzukommen: Derzeit bestimmen sie über rund 80 Prozent der Einnahmen der SSB – vor allem infolge der Einführung des Deutschlandtickets. Bleibt eine angemessene Finanzierung aus, drohen substanzielle Einschränkungen beim heutigen ÖPNV-Angebot.
Ausbau geht weiter – mit gezielten Maßnahmen
Trotz der angespannten Lage sollen wichtige Ausbauprojekte wie geplant umgesetzt werden. So wird ab dem kommenden Jahr die Stadtbahnlinie U1 (Fellbach - Heslach) mit 80-Meter-Zügen betrieben, wodurch das Platzangebot auf dieser zentralen Linie verdoppelt wird.
Weitere Maßnahmen, die realisiert werden sollen:
- Bau eines neuen Stadtbahnbetriebshofs in Weilimdorf
- Verlängerung der Linie U13 bis Hausen
- Ausbau der Linie U19 (Verlängerung bis zum Mercedes-Werk sowie Taktverdichtungen)
- Häufigere Fahrten der Buslinie 65 zum Flughafen nach Inbetriebnahme des neuen Bahnhofs
- Taktverdichtung der stark frequentierten Buslinie 42 auf einen 5-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit
- Priorisierung statt Streichung: Projekte auf Stand-by
Um den Haushalt strukturell zu entlasten, schlagen die Stadtverwaltung und die SSB vor, vorerst auf die verbindliche Umsetzung einiger geplanter Projekte zu verzichten. Ziel ist es, den Wirtschaftsplan der SSB jährlich um 25 Millionen Euro zu entlasten. Zu den Maßnahmen, die vorläufig zurückgestellt werden, zählen unter anderem:
- Verlängerter 10-Minuten-Takt der Stadtbahn am Abend
- Einführung eines Nachtverkehrs der Stadtbahn
- Verbesserungen auf der Linie U8 auf den Fildern
Diese Projekte sollen weiterhin planerisch vorbereitet werden, um bei einer Verbesserung der finanziellen Lage zügig umsetzbar zu sein. In Summe können so über einen Zeitraum von fünf Jahren rund 100 Millionen Euro eingespart werden.
Bund und Länder gefordert – Konsequenzen bei Nichthandeln
Mit der Einführung des Deutschlandtickets hat sich das Einnahmenmodell für Verkehrsunternehmen grundlegend verändert. Während früher die Verkehrsunternehmen gemeinsam mit den Aufgabenträgern im Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) über Tarife entscheiden konnten, beeinflussen nun Bund und Länder über das Deutschlandticket die Einnahmen der SSB.
Sollte es nicht gelingen, eine langfristige und auskömmliche Finanzierung des ÖPNV sicherzustellen, könnten Angebotsreduzierungen auch in Stuttgart unvermeidlich werden. Aktuell diskutieren bereits Städte wie Heidelberg, Karlsruhe oder Tübingen Kürzungen im Nahverkehr oder haben diese bereits umgesetzt.